Hatte Abschalom Kinder?

Das Lexikon der biblischen Irrtümer entdeckt im Abschnitt mit dem Titel „Abschalom: Vierfacher Vater ohne Kinder“ für sich einen Widerspruch in der Bibel. Es würde zum einen behauptet, Abschalom habe vier Kinder und eine andere Stelle sage aus, dass er keine habe. Es ist zu lesen:

Wie viele Kinder hatte der Königssohn [Abschalom]? Es waren vier, sagt die Bibel. Er hatte überhaupt keine Kinder, sagt die Bibel auch. Der Widerspruch ist offensichtlich! (S. 15)

Dabei wird auf die folgenden beiden Passagen aus dem zweiten Buch Samuel Bezug genommen:

27 Drei Söhne wurden Abschalom geboren und eine Tochter namens Tamar; sie wurde eine Frau von großer Schönheit. (2. Samuel 14)

18 Abschalom hatte sich schon zu Lebzeiten den Gedenkstein, der jetzt im Königstal steht, herbeischaffen und für sich aufstellen lassen; denn er sagte sich: Ich habe keinen Sohn, der meinen Namen im Gedächtnis (der Menschen) halten würde. Er benannte den Stein nach seinem Namen; deshalb heißt er bis zum heutigen Tag «Abschaloms Hand» (2. Samuel 18)

Widerspricht sich die Bibel wirklich innerhalb des gleichen Buches in nur vier Kapiteln wirklich selbst?
Zuerst zur Rahmenhandlung. Abschalom ist einer der Söhne Davids. Dieser versucht auf Grund eines Konfliktes innerhalb der Großfamilie seinen Vater zu stürzen und stirbt schließlich bei einer Schlacht mit den Truppen Davids. Wie Kapitel 14 berichtet hatte er drei Söhne und seine Tochter Tamar. Das 18. Kapitel ist das Kapitel, das über den Tod Abschaloms berichtet:

14 Joab erwiderte: Ich kann mich nicht noch länger mit dir aufhalten. Und er nahm drei Spieße in die Hand und stieß sie Abschalom, der noch lebend an der Eiche hing, ins Herz. 15 Die zehn Waffenträger Joabs umringten Abschalom und schlugen ihn tot. 16 Dann ließ Joab das Widderhorn blasen und die Krieger hörten auf, die Israeliten zu verfolgen, weil Joab ihnen Einhalt gebot. 17 Sie nahmen Abschalom und warfen ihn im Wald in eine tiefe Grube und errichteten über ihm einen riesigen Steinhaufen. Alle Israeliten aber flohen, jeder in sein Zelt. (2. Samuel 18)

Auf diese Stelle folgt der vom Lexikon der biblischen Irrtümer zitierte Vers:

18 Abschalom hatte sich schon zu Lebzeiten den Gedenkstein, der jetzt im Königstal steht, herbeischaffen und für sich aufstellen lassen; denn er sagte sich: Ich habe keinen Sohn, der meinen Namen im Gedächtnis (der Menschen) halten würde. Er benannte den Stein nach seinem Namen; deshalb heißt er bis zum heutigen Tag «Abschaloms Hand» (2. Samuel 18)

Hier liegt also eindeutig ein Rückblick auf Abschaloms Leben vor. Dieser Rückblick geht in die Zeit zurück, in der Abschalom noch keine Kinder hatte. Damals sagte er sich diese Sätze und später wurde ihm dann doch das Vaterglück zu Teil. Die biblischen Berichte sind größtenteils von Rückgriffen und Ausblicken durchzogen, so dass nicht zwangsläufig das, was nacheinander geschrieben steht, auch in chronologischer Reihenfolge passierte. So auch hier. Die zeitliche Abfolge ist:

  1. Abschalom errichtet die Säule, da er keine Kinder hat.
  2. Die vier Kinder werden geboren.
  3. Abschalom wird getötet

Fazit
Hier liegt kein Widerspruch vor. Aus dem Zusammenhang gerissen mögen die beiden Verse den Eindruck erwecken, als widerspräche sich der biblische Bericht, doch im Kontext betrachtet findet sich in den Kapitel 13 – 18 des zweiten Buch Samuels eine schlüssige Beschreibung von Abschaloms Leben.

Fordert der biblische Gott Menschenofper?

Unter der Überschrift „Menschenopfer: Von Gott gefordert oder verboten?“ findet sich im Buch Lexikon der biblischen Irrtümer eine Diskussion der Frage, ob der Gott der Bibel Menschenopfer fordert. Das Kapitel nimmt dazu auf drei biblische Ereignisse bezug, um seine Folgerung zu stützen, dass die Sachlage nicht eindeutig sei. Nachfolgend sollen diese Stelle untersucht und die Schlussfolgerung der Uneindeutigkeit auf ihre Stichhaltigkeit geprüft werden.

Richter 11
Das erste Beispiel, das beschrieben wird, handelt vom Gileaditer Jiftach, der in eine Schlacht mit den Ammonitern zieht. Vor der Schlacht bittet er Gott um Beistand und gibt das Gelübde ab, im Falle eines Sieges den Menschen zu opfern, der ihm bei der Heimkehr als erster begegnet. Dies wird seine einzige Tochter sein, die er schließlich als Brandopfer darbringt. Der Abschnitt im Lexikon der biblischen Irrtümer schließt mit der Aussage:

Jahwe akzeptiert das Opfer. (S. 94)

Diese Aussage findet aber keine Bestätigung im entsprechenden Kapitel, denn dort heißt es am Ende:

34 Als Jiftach nun nach Mizpa zu seinem Haus zurückkehrte, da kam ihm seine Tochter entgegen; sie tanzte zur Pauke. Sie war sein einziges Kind; er hatte weder einen Sohn noch eine andere Tochter. 35 Als er sie sah, zerriss er seine Kleider und sagte: Weh, meine Tochter! Du machst mich niedergeschlagen und stürzt mich ins Unglück. Ich habe dem Herrn mit eigenem Mund etwas versprochen und kann nun nicht mehr zurück. 36 Sie erwiderte ihm: Mein Vater, wenn du dem Herrn mit eigenem Mund etwas versprochen hast, dann tu mit mir, was du versprochen hast, nachdem dir der Herr Rache an deinen Feinden, den Ammonitern, verschafft hat. 37 Und sie sagte zu ihrem Vater: Nur das eine möge mir gewährt werden: Lass mir noch zwei Monate Zeit, damit ich in die Berge gehe und zusammen mit meinen Freundinnen meine Jugend beweine. 38 Er entgegnete: Geh nur!, und ließ sie für zwei Monate fort. Sie aber ging mit ihren Freundinnen hin und beweinte ihre Jugend in den Bergen. 39 Als zwei Monate zu Ende waren, kehrte sie zu ihrem Vater zurück und er tat mit ihr, was er gelobt hatte; sie aber hatte noch mit keinem Mann Verkehr gehabt. So wurde es Brauch in Israel, 40 dass Jahr für Jahr die Töchter Israels (in die Berge) gehen und die Tochter des Gileaditers Jiftach beklagen, vier Tage lang, jedes Jahr. Die Richterzeit war eine Zeit der religiösen Anarchie, in der derartige Ereignisse leider vorkamen.
(Richter 11, Einheitsübersetzung)

Keiner dieser Sätze deutet darauf hin, dass Gott das Opfer akzeptiert oder gar Gefallen daran gehabt hat. Jiftach hat etwas versprochen und sich selbst dazu verpflichtet dies zu halten. Gott verband seine Unterstützung in der Schlacht zu keinem Zeitpunkt mit der Opferung eines Menschen. Nur weil hier ein Mensch glaubt, dass er Gottes Willen tut, bedeutet das nicht, dass dies auch der Wirklichkeit entspricht. Dies gilt für damals und heute. Auch die Bevölkerung scheint die Sache so zu sehen: Wenn man der festen Überzeugung gewesen sei, dass dies alles Gottes Wille gewesen ist, wäre dies sicher kein Grund jedes Jahr vier Tage lang dieses Unglück zu beweinen, dass sich vor ihren Augen abgespielt hat. Aus diesem Vers lässt sich nicht schließen, dass Gott Menschenopfer gutheißt oder gar fordert.

2 Könige 3
In der zweiten Stelle, die besprochen wird, ziehen die Könige von Juda, Israel und Edom vereint gegen den König von Moab in den Krieg, da dieser von Israels König abgefallen war. Mit Gottes Unterstützung nehmen sie alle Städte bis auf Kir-Heres ein. Mit den wohl letzten paar Soldaten, die ihm übrig bleiben, versucht der Moabiterkönig durch die feindlichen Linien zu brechen. Wohl ein Fluchtversuch.

26 Als der König von Moab sah, dass er dem Angriff nicht mehr standhalten konnte, sammelte er siebenhundert mit dem Schwert bewaffnete Männer um sich und versuchte beim König von Edom durchzubrechen. Doch es gelang ihnen nicht.

Als diese Aktion scheitert, bringt er aus Verzweiflung seinen Sohn als Opfer auf der Stadtmauer dar, worauf die feindlichen Streitkräfte abrücken:

27 Nun nahm er seinen erstgeborenen Sohn, der nach ihm König werden sollte, und brachte ihn auf der Mauer als Brandopfer dar. Da kam ein gewaltiger Zorn über Israel. Sie zogen von Moab ab und kehrten in ihr Land zurück.

Im Lexikon der biblischen Irrtümer wird dies wie folgt gewertet:

Das Opfer hilft mehr als erhofft. Kemos zwingt die Israeliten dazu, den Schauplatz ihres militärischen Sieges zu verlassen (…) Der Feind Israels besiegt das Volk Jahwes. Das Menschenopfer erweist sich als höchst wirksam. (S. 94)

Was ist hiervon zu halten? Zuerst sei festgestellt, dass das Volk Jahwes definitiv nicht besiegt wurde. Auf dem Weg nach Kir-Heres wurde die komplette Wasser- und Nahrungsversorgung der Moabiter lahmgelegt und das moabitische Heer vernichtend geschlagen. Dem König bleibt also nichts mehr übrig außer einer Stadt und einer Hand voll Soldaten. Auch wenn er von Israel abgefallen ist, stellt er daher für Israel und Juda keinerlei Gefahr mehr dar. Das Ziel des Feldzuges wurde erreicht. Angewiedert vom Menschenopfer eines verzweifelten Königs verlässt das Bündnis der drei Könige den Ort des Geschehens. Diese Handlung geschieht aus Zorn und evt. auch Mitleid und nicht aus Zwang. Kann also aus dieser Stelle gefolgert werden, dass Gott Menschenopfer braucht? Sicher nicht. Zum einen wird das Menschenopfer nicht einmal Jahwe dargebracht und zum anderen ist das einzige was es auslöst, wie oben ausgeführt, Zorn und Ekel beim Volk Jahwes. Also ein Zeichen dafür, dass Menschenopfer von Israel abgelehnt werden.

Genesis 22
Die letzte zitierte Bibelstelle stammt aus dem ersten Buch Mose. Gott fordert von Abraham seinen einzigen Sohn Isaak zu opfern. Doch bevor die Opferung durchgeführt werden kann, gebietet Gott Abraham Einhalt und Isaak bleibt am Leben. Schon der erste Vers des Kapitels sagt aus worum es hier eigentlich geht:

1 Nach diesen Ereignissen stellte Gott Abraham auf die Probe.

Abrahams Glauben soll geprüft werden. Das angebliche Menschenopfer ist nur der Rahmen der Prüfung. An dieser Stelle hätten auch andere Dinge stehen können, wie dass von Abraham verlangt wird seine Frau in die Wüste zu treiben, aber Gott dies im letzten Moment verhindert. Daraus könnte man auch nicht folgern, dass Gott von allen Männern fordert ihre Ehefrauen in die Wüste zu treiben.

Weitere Bibelstellen zu Menschenopfern
Das Lexikon zitiert noch das zwanzigste Kapitel des Buches Ezechiel:

24 weil sie meine Rechtsvorschriften nicht befolgten, meine Gesetze ablehnten und meine Sabbat-Tage entweihten und weil ihre Augen hinter den Götzen ihrer Väter her waren. 25 Auch gab ich ihnen Gesetze, die nicht gut waren, und Rechtsvorschriften, die es ihnen unmöglich machten, am Leben zu bleiben. 26 Ich machte sie unrein durch ihre Opfergaben; sie ließen nämlich alle Erstgeborenen durch das Feuer gehen. Ich wollte ihnen Entsetzen einjagen; denn sie sollten erkennen, dass ich der Herr bin. 27 Darum sprich zum Haus Israel, Menschensohn, und sag zu ihnen: So spricht Gott, der Herr: Eure Väter haben mich auch dadurch verhöhnt, dass sie mir untreu wurden.

um daraus zusammen mit Exodus 22,27-29 zu folgern, dass Gott Menschenopfer doch gefallen könnten. Allerdings lässt sich aus obiger Stelle ersehen, dass die Menschenopfer nicht gewollt sind, sonst würden sie nicht unrein machen. Durch die Opferung läd das Volk Schuld auf sich, was Gott in diesem Fall nicht verhindert, da sie immer wieder von ihm abgefallen sind, obwohl er ihnen stets eine neue Chance zur Umkehr bot (hierzu empfiehlt sich die vollständige Lektüre von Ezechiel 20). Dies ist aber defintiv etwas anderes als Menschenopfer fordern. Die Opferung der Erstgeboreren wird bereits in Exodus 34,19f verboten. Der Erstgeborene ist auszulösen und nicht selbst zu opfern, wie es in anderen Religionen der Umgebung Sitte war. Einige weitere Bibelstellen sprechen bzgl. Menschenopfern eine sehr deutlich Sprache:

17 Ihre Söhne und Töchter ließen sie durch das Feuer gehen, trieben Wahrsagerei und Zauberei und gaben sich dazu her zu tun, was dem Herrn missfiel, und ihn zu erzürnen. 18 Darum wurde der Herr über Israel sehr zornig. Er verstieß es von seinem Angesicht, sodass der Stamm Juda allein übrig blieb. 19 Doch auch Juda befolgte nicht die Befehle des Herrn, seines Gottes, sondern ahmte die Bräuche nach, die Israel eingeführt hatte. 20 Darum verwarf der Herr das ganze Geschlecht Israels.
(2 Könige 17)

Gott verachtet das Opfern von Menschen und bestraft diejenigen, die es trotz seinem Verbot durchführen.

Er tat nicht wie sein Vater David, was dem Herrn, seinem Gott, gefiel, 3 sondern er folgte den Wegen der Könige von Israel. Er ließ sogar seinen Sohn durch das Feuer gehen und ahmte so die Gräuel der Völker nach, die der Herr vor den Israeliten vertrieben hatte.
(2 Könige 16,3)

31 Wenn du dem Herrn, deinem Gott, dienst, sollst du nicht das Gleiche tun wie sie; denn sie haben, wenn sie ihren Göttern dienten, alle Gräuel begangen, die der Herr hasst. Sie haben sogar ihre Söhne und Töchter im Feuer verbrannt, wenn sie ihren Göttern dienten.
(Dtn 12)

Auch hieraus geht klar hervor, dass Menschenopfer durch Jahwe abgelehnt werden. Als letztes Beispiel noch eine Aussage aus dem Buch Jeremia:

33 Sie haben mir den Rücken zugewandt und nicht das Gesicht. Ich habe sie unermüdlich belehrt, aber sie hörten nicht darauf und besserten sich nicht. 34 Vielmehr stellten sie in dem Haus, über dem mein Name ausgerufen ist, ihre Scheusale auf, um es zu entweihen. 35 Sie errichteten die Kulthöhe des Baal im Tal Ben-Hinnom, um ihre Söhne und Töchter für den Moloch durchs Feuer gehen zu lassen. Das habe ich ihnen nie befohlen und niemals ist mir in den Sinn gekommen, solchen Gräuel zu verlangen und Juda in Sünde zu stürzen.

Fazit
Nach dem Untersuchen der oben stehenden Bibelzitate kann ich die Aussage im Lexikon der bilbischen Irrtümer

Wird das Menschenopfer von Gott gefordert oder abgelehnt? Eindeutig lässt sich diese Frage nicht beantworten. (S. 93)

nicht nachvollziehen. Die Bibel sagt eindeutig aus, dass Gott Menschenopfer ablehnt. Entscheidende Stellen werden im besprochenen Kapitel des Lexikons leider nicht zitiert.

Unsachliche Kritik?

Gestern fiel mir auf, dass der Autor des Werkes Lexikon der biblischen Irrtümer auf amazon.de auf meine Buchbesprechung geantwortet hat und versucht mir Falschaussagen nachzuweisen. Allerdings wird meine Rezension schon in der Titelzeile des Beitrages als unsachlich bezeichnet. Im Folgenden möchte ich kurz Stellung zu den Vorwürfen beziehen, die bzgl. meines Textes angebracht wurden. Hier der betroffene Auszug meine Beitrags:

Wie schon viele vor ihm verneint Langbein die Historizität vieler der in der Bibel geschilderten Ereignisse. Seine Aussagen stützen sich hierbei lediglich auf die Arbeiten von Israel Finkelstein. Werke die dessen sicht widersprechen werden nicht zitiert, eine objektive Darstellung bleibt also aus.
Des weiteren Versucht er verschiedene Bibelstellen gegeneinander auszuspielen und so innere Widersprüche in der Bibel der konstruieren. Viele dieser angeblichen Widersprüche wurden von Seiten der Theologen bereits diskutiert und Erklärungen geboten. Manchmal schießt er hierbei sicherlich auch weit über das Ziel hinaus: Dass im Buch mal von 23000 Toten die Rede ist, während an andere Stelle von 22XXX gesprochen wird ist für Langbein ein Widerspruch. Dabei sollte für jeden ersichtlich sein, dass bei der ersten Angabe schlicht und einfach aufgerundet wurde.
Beim Neuen Testament geht er ähnlich vor. Seine Hauptquelle dieses mal: Der Christentumskritiker Gerd Lüdemann. So findet sich in der Hälfte der Beiträge ein Zitat von Lüdemann, dass Langbeins Behauptung stützen soll. Auch hier von Objektivität keine Spur. Besonders putzig fand ich im Abschnitt 2 des Buches folgendes: Während Langbein die letzten Worte Jesus am Kreuz diskutiert, stellt er die Behauptung auf, dass es hierbei zu Verwechslungen kam, weil Jesus aramäisch Sprach, aber die Evangelien in Griechisch geschrieben wurden. An anderen Stellen dreht er dann genau den Spieß um: Da passt der Aramäische Text besser in sein Konstrukt und plötzlich liest man dann: Da die Evangelien ursprünglich in Aramäisch verfasst wurden, schlichen sich bei der Übersetzung ins Griechische weitere Irrtümer ein. Was nicht passt wird eben auch hier passend gemacht.
Ein letztes noch: Langbein spricht unentwegt von Irrtümern. Viele seine Kritiken beziehen sich allerdings auf Übersetzungen und dort auch nur auf bestimmte. Meistens nimmt er dabei die Übersetzungen vom Griechischen ins Lateinische ins Visier. Ein Übersetzungsfehler ist aber definitiv kein Irrtum der Bibel, genau wie ein Übersetzungsfehler in einem Lehrbuch kein Irttum von dessen Autor ist.
(Auszug aus meiner amazon-Rezension vom 27.8.2007)

Der Autor antwortete im zugehörigen Diskussionsforum, wobei der die nachfolgenden Aussagen tätigt, mit denen er versucht zu zeigen, dass meine Rezension Fehler enthalten würde.

Zuerst wir meine Behauptung aufgegriffen, dass sich der Autor bzgl. der Sprache widerspricht in der die Evangelien abgefasst wurden. Einmal nennt er Griechisch, ein paar Seiten weiter Aramäisch, um so angebliche Übersetzungsfehler zu finden. Meinem Text wird vorgeworfen:

Das hat nur nichts mit meinem Buch zu tun. (…) Der von Burger kritisierte »Widerspruch« existiert gar nicht. Richtig ist: Der aramäische Text passt immer besser. Allerdings habe ich nicht behauptet, dass die Evangelien ursprünglich in Aramäisch verfasst und dann lediglich übersetzt wurden. (…)

Doch wenn ich auf Seite 300 meiner gebundenen Ausgabe nachschlage steht dort:

Matthäus, Markus und Johannes verfassten ihre Texte nicht in griechischer Sprache, sondern in Aramäisch.

Hingegen findet man 15 Seiten zuvor auf Seite 285:

Jesus war Galiläer und sprach Aramäisch und nicht Griechisch. Die in Griechisch abgefassten Evanglien nach Matthäus und Markus versuchen (…)

Von daher ist für mich nicht nachvollziehbar was an meiner Aussage unsachlich ist. Ich finde sie durch diese beiden Zitate bestätigt.
Nächster Kritikpunkt an meiner Besprechung ist dieser:

Falsch ist die Behauptung, ich würde nur oder überwiegend Finkelstein und Lüdemann als Quellen benützen. Alle Quellen wurden korrekt angegeben, und es sind sehr viele.

Auf Silbermann/Finkelstein beruft sich der Autor dort wo es um Widersprüche zwischen archäologischen Entdeckungen und biblischen Texten geht. Im einzelnen sind dies:

  • Der Auszug aus Ägypten eine erfundene Story. Finkelstein wird auf Seite 22 zitiert.
  • David war weder mächtig noch fromm. Finkelstein wird mit Fußbnote 6 zitiert.
  • Jericho – Erdbeben statt Posaunen. Der angegebene Artikel von Saarland Online steht mir leider nicht zur Verfügung. Der Erscheinungstermin im Jahr 2002 passt aber zu den vielen anderen Artikeln mit änhlichen Titeln, welche in vielen Tageszeitungen und Magazinen erschienen sind und praktisch nur diverse Kapitel aus Keine Posaunen vor Jericho zusammenfassen, da das Buch 2002 ziemlich einschlug, aber eben auch nicht unwidersprochen blieb.
  • Kamele: Erfundene >>Historie<<. Fußnote 4 beruft sich auf Finkelstein.
  • Salomo, der Kleine. Hier gilt das gleiche wie bei Jericho – Erdbeben statt Posaunen

Hieraus folgte meine Aussage, dass Keine Posaunen vor Jericho die Hauptquelle für die Verneinung der Historizität der Ereignisse des Alten Testaments ist. Die sechs oben genannten Kapitel hatte ich unter die Kritik der Historizität gefasst. Das hätte ich in meiner Rezension evt. deutlicher machen sollen. Aber als falsch würde ich meine Aussage nicht werten.
Bei den Kapiteln zum Neuen Testament werden allein in den Fußnoten 13 mal Werke von Gerd Lüdemann zitiert, weshalb ich schrieb, dass dieser dort die Hauptquelle darstellt. Bei den zitierten Quellen finde ich (außer der Bibel selbst) keine, die ebenfalls auf 13 Nennungen kommt.
Beim letzten angesprochenen Punkt geht es um die Frage inwiefern ein Übersetzungsfehler nun ein biblischer Irrtum ist. Der Autor schreibt dazu:

Wenn ein biblischer Text falsch übersetzt wurde, dann ist das ein Irrtum: ihre Übersetzungen. Übersetzungsfehler sind Irrtümer in heutigen Bibelausgaben, also biblische Irrtümer.

Hier bitte ich den Leser selbst zu entscheiden, welche Position er einnimmt. Meine Ansicht habe ich in meiner Rezension dargelegt:

Ein Übersetzungsfehler ist aber definitiv kein Irrtum der Bibel, genau wie ein Übersetzungsfehler in einem Lehrbuch kein Irttum von dessen Autor ist.

Wenn sich zum Beispiel in der deutschen Übersetzung eines meiner Informatikfachbücher ein Übersetzungsfehler einschleicht, ist dies für mich weder ein Irrtum des Verfassers und erst Recht kein Irrtum der Informatik, sondern eben schlicht und einfach ein Übersetzungsfehler, der in der nächsten Auflage korrigiert werden sollte.

Fazit
Ich fand es schön, dass sich der Autor von Lexikon der biblischen Irrtümer die Mühe gemacht hat auf meine Rezension zu antworten. Ich behaupte nicht die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben, so dass meine Texte definitiv nicht fehlerfrei sind. Meinen Text allerdings als unsachlich oder gar Unsinn abzutun ohne stichhaltige Argumente dafür zu haben ist allerdings kein faires Verhalten.

Enuma Elish – Die Vorlage des Buches Genesis?

Einleitung
In diversen Büchern und auf einigen Internetseiten wird versucht eine Verbindung zwischen dem Babylonischen Schöpfungsmythos Enuma Elish und dem biblischen Schöpfungsbericht des Buches Genesis herzustellen. Teilweise werden nur oberflächliche Übereinstimmungen festgestellt, wohingegen vor allem christentumskritische Seiten folgendermaßen argumentieren:

Während der Babylonischen Gefangenschaft lernten die Israeliten die Babylonischen Mythen kennen und kopierten diese größtenteils zu ihrem Schöpfungsbericht, den wir heute im Buch Genesis finden. Er ist also nicht Wort Gottes, sondern ein Plagiat bei dem viele Verse einfach übernommen wurden.

In diesem Artikel sollen die beiden Berichte gegenübergestellt und versucht werden herauszufinden, inwieweit man von Übereinstimmungen sprechen kann und mögliche Gründe für deren Vorhandensein aufgeführt werden. Vorerst sei angemerkt, dass der Enuma Elisch nicht vollständig vorlag. Nach einer google-Suche bestand Zugriff auf die folgenden beiden Links:
Link 1
Link 2
sowie die wikipedia-Seite zum Enuma Elisch.

Der Enuma Elisch ist auf sieben Tafeln niedergeschrieben und besteht aus rund 1000 Zeilen. Die Texte der Tafeln 1, 4, 5 und 6 lagen in voller Länge vor. Für die Tafeln 2, 3 und 7 musste auf eine Inhaltszusammenfassung zurückgegriffen werden, was allerdings kein Problem darstellen sollte.

Der Vergleich
Zu den vollständig vorliegenden Tafeln zählt aber unter anderem die Übersetzung der Tafel mit welcher der Mythos beginnt. In der Übersetzung bekommt die Tafel mit der Nummer 1 den Titel „Das Chaos.“ Der Mythos beginnt mit:

1 Als droben die Himmel nicht genannt waren.
2 Als unten die Erde keinen Namen hatte,
3 Als selbst Apsu (Süßwasserstrom), der uranfängliche, der Erzeuger der Götter,
4 Mummu Tiâmat (Salzflut), die sie alle gebar,
5 Ihre Wasser in eins vermischten,
6 Als abgestorbenes Schilf noch nicht angehäuft, Rohrdickicht nicht zu sehen war,
7 Als noch kein Gott erschienen,
8 Mit Namen nicht benannt, Geschick ihm nicht bestimmt war,
9 Da wurden die Götter aus dem Schoß von Apsu und Tiâmat geboren.
10Lachmu, Lachamu traten ins Dasein, wurden mit Namen benannt.
11Äonen wurden groß und erstreckten sich lang,
12Anschar, Kischar wurden geboren, sie überragten jene,
13Die Tage wurden lang, die Jahre mehrten sich.
14Anu (Himmel) war ihr Sohn, ebenbürtig seinen Vätern.
15Anschar machte Anu, seinen Erstgeborenen, sich gleich;
16Anu erzeugte sein Ebenbild Nudimmud.
17Nudimmud war seiner Väter Herrscher.
18Umfassend an Wissen, weise, an Kräften gewaltig,
19Übertraf er bei weitem an Kraft den Erzeuger seines Vaters, Anschar.

Es folgen viele weitere Verse, welche die Beziehungen der Götter untereinander und vor allem ihre Streitereien und Kämpfe schildern. Zum Beispiel:

125 Als Tiâmat es hörte, gefiel ihr diese Rede.
126 «[…] gabt ihr. Laßt uns Ungeheuer schaffen.
127 […] die Götter inmitten der himmlischen Wohnung.
128 […] Laßt uns die Götter bekämpfen» […]

Es gehört sehr viel Phantasie dazu in diesen Schilderungen Parallelen zum Schöpfungsbericht der Bibel oder zum Alten Testament allgemein zu finden. Vor allem versuche man in der Bibel Passagen zu finden, in denen sich verschiedene Götter unterhalten oder miteinander kämpfen. Dort wird nur die Existenz eines einzigen Gottes bestätigt und das ist Jahwe, der Gott Israels. Diese Aussage steht im klaren Gegensatz zum babylonischen Schöpfungsmythos. Von „entnommen“ kann kaum die Rede sein. Des Weiteren fällt bereits nach diesen wenigen Zeilen auf, dass im Enuma Elish nicht nur jedem Lebewesen, sondern auch jedem Ding, insbesondere den Elementen, Persönlichkeit zugerechnet wird. So werden Süß- und Salzwasser mit den Göttern Apsu und Tiâmat assoziiert und auch deren spätere Vereinigung und Trennung bekommen dadurch eine „anschauliche“ Bedeutung. Eine Vorstellung, die der Bibel fremd ist bzw. konträr zu ihren Aussagen steht. Hierdurch wird auch die auf www.joerg-sieger.de genannte angebliche Parallele

Das Meer, das in zwei Teile geschieden wird

fragwürdig. Außerdem ist in der Bibel nicht von Süß- und Salzwasser die Rede, welche voneinander geschieden werden, sondern schlicht von einem Urozean deren Beschaffenheit nicht näher erläutert wird.
Ein Punkt bei dem ebenfalls ein großer Unterschied zur Bibel besteht ist die Tatsache, dass die Bibel Gott kein Aussehen verpasst, sprich nirgendwo beschreibt, wie er aussieht, da er keine menschenähnliche Gestalt besitzt. Ganz im Gegensatz dazu der Enuma Elish bei der Beschreibung des dort mächtigsten Gottes Marduk:

96 Wenn seine Lippen sich bewegten, erglühte Feuer.
97 Vierfach wuchs in ihm das Verständnis,
98 Und seine Augen ebenso erschauten alles.
99 Erhob er sich, so überstieg seine Gestalt die der Götter,
100 Mit riesenhaften Gliedern überragte er sie alle an Größe.

Die Tafeln 2 und 3 berichten nur über die Intrigen und Probleme zwischen den Göttern. Auch hier kann keine Übereinstimmung mit der Bibel gefunden werden. Diese Situation ändert sich auch nicht auf Tafel 4. Dort geht es unvermindert weiter mit Versen wie:

93 Indes die Götter des Kampfes ihre Waffen schärften.
94 Da traten zusammen Tiâmat und Marduk, der weiseste der Götter,
95 Stürzten sich aufeinander und begegneten sich im Kampf.

oder

129 Es stellte der Herr seinen Fuß auf Tiâmats Kreuz,
130 Mit seinem schonungslosen Dolch spaltete er ihren Schädel,
131 Durchschnitt ihre Adern,
132 Und der Nordwind entführte das Blut in die Ferne.

Auf Tafel 5 wird die Erschaffung der Welt durch Marduk beschrieben. Also eine Möglichkeit hierbei Parallelen zur Bibel auszumachen?
Es fällt sofort auf, dass die Chronologie des Enuma Elish und des biblischen Berichtes vollkommen voneinander abweichen. So beginnt die Passage im Enuma Elish mit:

1 Er ersann Standorte für die großen Götter.
2 In Sternbildern ordnete er ihre Entsprechungen, die Sterne.

Die Sterne werden also wie bei fast allen vorhandenen Schöpfungsmythen der Welt vor der Erde erschaffen. Im Gegensatz dazu die Bibel:

13 Es wurde Abend und es wurde Morgen: dritter Tag. 14 Dann sprach Gott: Lichter sollen am Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten, von Tagen und Jahren dienen; 15 sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es.

Also erst nach der Erde und den Pflanzen werden die Sterne geschaffen. Wie oben angedeutet etwas völlig Neues in der Region von Babylon und sicher kein Diebstahl geistigen Eigentums von den biblischen Autoren aus dem Enuma Elish. Dass bei beiden Berichten natürlich Berge, Pflanzen, Tiere ect. geschaffen werden erkärt sich von selbst, da laut beiden Schöpfungsgeschichte alles auf der Welt Werk (eines) Gottes ist. Es sind aber weder Übereinstimmungen in der Formulierung noch in der Reihenfolge zu finden. Daher bleibt festzuhalten: geht man von einer göttlichen Schöpfung aus, so muss alles Getier und der Mensch Werk dieses Gottes sein. Derartige Sätze sind in praktisch jeder Schöpfungsgeschichte zu finden, woraus aber sicher nicht zu folgern ist, dass alle voneinander abgeschrieben wurden.

Am interessantesten von allen ist sicherlich die Tafel Nummer 6, da diese von der Erschaffung des Menschen berichtet. Finden sich nun hier Parallelen? Im Enuma Elish heißt es:

5 ‚Ein Gewebe von Blut will ich machen, Gebein will ich bilden,
6 Um ein Wesen entstehen zu lassen: Mensch sei sein Name.
7 Erschaffen will ich ein Wesen, den Menschen.
8 Ihm auferlegt sei der Dienst der Götter zu ihrer Erleichterung.

Wie beantwortet die Bibel die Frage warum der Mensch von Gott erschaffen wurde?

26 Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. 27 Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. (Gen 1)

Marduk erschafft sich die Menschen als seine Diener, die ihm Arbeit abnehmen sollen, damit er mehr Ruhe hat. Also einen Sklaven aus Fleisch und Blut. Auch scheint es, dass er sich gleich mehrere Menschen schafft um sofort Arbeitskräfte zur Verfügung zu haben und nicht erst ein einzelnes Paar.
Der Gott der Bibel dagegen erschafft sich mit dem Menschen ein Abbild von sich selbst, den er als Herrscher über die Welt einsetzt. Als Lebensraum bietet er ihm den Garten Eden an, von Frondienst für den göttlichen Schöpfer keine Spur. Hier also ein diametraler Gegensatz der beiden Schöpfungsberichte! Auch hier haben biblische Autoren nichts kopiert und übernommen.

Letzter Punkt soll die Betrachtung sein, wie der Mensch ins Dasein gerufen wurde. Im Enuma Elish findet sich dazu:

11 ‚Einer von ihren Brüdern soll ausgeliefert werden.
12 Dieser soll sterben, damit die Menschheit entsteht.
(…)
29 ‚Kingu war’s, der den Krieg erregt,
30 Tiâmat zur Revolte aufgereizt, den Kampf begonnen hat.‘
31 Als sie ihn gebunden hatten, brachten sie ihn vor Ea.
32 Sie ließen ihn seine Strafe erleiden, seine Adern durchschnitten sie.
33 Aus seinem Blute schuf er die Menschheit.

Damit die Menschheit das Licht der Welt erblickt muss der Gott Kingu sterben, um es möglich zu machen den Menschen aus seinem Blut zu schaffen. Muss in der Bibel auch jemand sein Leben lassen bzw. gefesselt ausbluten? Nein keineswegs:

7 Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. 8 Dann legte Gott, der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten an und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte. (Gen 2)

Ohne irgendwelche Szenen von Gewalt oder Opfern wird der Mensch erschaffen. Nicht aus Blut sondern aus Lehm und dem Lebensatem Gottes. So ist einsichtig, dass auch hier zwei völlig verschiedene Ansichten der beiden Schöpfungsberichte vorliegen. Wieder keine Möglichkeit für die israelitischen Schreiber etwas von den Babyloniern zu kopieren.

Außerdem bleibt generell festzustellen, dass sich in den Texten der Tafeln 1, 4, 5 und 6 nicht ein einziger Vers findet, der starke Ähnlichkeit mit einer Aussage des Schöpfungsberichtes auf dem ersten Buch Mose hat oder mit einem übereinstimmt. Es kann ziemlich sicher angenommen werden, dass sich dies auch nicht ändern wird, wenn man die Tafeln 2, 3 und 7 mit dazu nimmt. Sollte hier ein derartiger Vers übersehen worden sein wird darum gebeten dies zu melden.

Hineininterpretierte Gemeinsamkeiten
Es gibt aber auch Argumente, die eine Übereinstimmung der beiden Texte nicht auf Ebene des eigentlichen Handlungsablaufs suchen, sondern behaupten, die Berichte würden sich in den theologischen Aussagen sehr änheln. Drei Beispiele sollen hier behandelt werden.

Auf http://ema.bonn.de ist folgende Behauptung zu finden:

Nach der Fertigstellung der Erde beschloß Marduk die Erschaffung des Menschen, aber nicht als Krönung, denn ihm (dem Menschen) „soll die Fronarbeit für die Götter auferlegt werden, zu deren Erleichterung“. Aus dem Blut des getöteten Kingu, einer der jungen Götter, der sich aber auf die Seite Tiamats gestellt hatte, formt Ea die Menschheit.
Also ist der Mensch auch in der Babylonischen Religion mit einer Art Erbsünde/Blutsünde belastet…. (siehe Altes Testament).

Auf den ersten Blick mag hier eine Übereinstimmung vorliegen. Doch bei näherer Betrachtung lassen sich klare Unterschiede ausmachen.

  1. Zuallererst ist die Gleichsetzung der in der Bibel beschriebenen Erbsünde und der „Sünde“ des Menschen im Enuma Elish sehr fragwürdig. Keine weitere Stelle des Enuma Elish geht der Frage nach, ob der Mensch ein sündiges Wesen ist, weil er aus dem Blut eines getöteten Gottes geschaffen wurde. Das wird auf dem angegebenen Link einfach behauptet.
  2. Der Mensch der Bibel ist nicht in Folge seiner Erschaffung sündig, sondern in Folge seines Handelns, das Verbot Gottes zu missachten. Oder anders formuliert: Der Mensch des Enuma Elish wäre von Anfang an unverschuldet sündig, der Mensch der Bibel war bei seiner Schöpfung sündlos und entschied sich durch freien Willen zur Sünde.

Um hier eine Übereinstimmung finden zu können muss in den Enuma Elish vieles hineininterpretiert werden und selbst dann ergeben sich in den Details Gegensätze, welche sich nicht lösen lassen.

Eine zweite angebliche Übereinstimmung wird auf religioustolerance.org gefunden. Die Parallele bestünde darin, dass der Gott der Bibel am siebten Tage ruhte

2 Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. 3 Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte.

und auch die Götter des Enuma Elish nach der Schöpfung des Menschen feiern. Doch auch hier fallen sofort Unterschiede auf:

  1. Die Gleichsetzung von ruhen und feiern kann in Frage gestellt werden.
  2. In der Bibel wird der siebte Tag der Woche generell heiliggesprochen und kehrt immer wieder. Die Feier im Enuma Elish dagegen ist ein einmaliges Ereignis, dass auf die Zukunft keinen Einfluss hat.
  3. Vom siebten Tag der Woche profitiert der Mensch der Bibel, da auch er an diesem Tag von seiner Arbeit ruhen soll. Der Mensch des Enuma Elish bekommt von der Feier der Götter nichts mit, sondern geht seinen Sklavenarbeiten nach.

Wenn überhaupt liegt also auch hier nur eine sehr oberflächliche Übereinstimmung vor, die sicherlich nicht die Behauptung rechtfertigt, der eine Text sei vom anderen kopiert worden.

Eine letzte interpretierte Parallele wurde auf einer englischsprachigen Seite gefunden, deren Link leider verloren gegangen ist. Die Argumentation darauf lautete: Der Gott der Bibel erschuf die Welt in sechs Tagen. Im Enuma Elish gibt es von Beginn bis zur Erschaffung des Menschen sechs Generationen von Göttern. Das Motiv der sechs Tage/Generationen/Zeiträume ist also entliehen. Diese Behauptung lässt sich zwar nicht direkt widerlegen, aber ob das Motiv der Sechs nun wirklich eine Verbindung der beiden Berichte beweisen kann ist sicher fragwürdig.

Schluss
Nach dem Vergleich der beiden Berichte konnte keine Ähnlichkeit in dem Maße nachgewiesen werden, welche den Schluss zulassen würde, das Buch Genesis sei zum großen Teil aus dem Babylonischen Schöpfungsmythos abgeschrieben worden. Vielmehr fallen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Texten auf.

Wann kommt Jesus wieder?

Einleitung
In diesem Artikel soll es um die Parusie Christi gehen. Unter Parusie versteht man die Wiederkunft Christi am Jüngsten Tag. Einige Kritiker des Christentums argumentieren hierbei wie folgt: Jesus versprach fest zu Lebzeiten der Jünger zurückzukehren. Da dies aber nicht geschah muss er sich geirrt haben und kann somit nicht Gottes Sohn bzw. die Bibel kann nicht Gottes Wort sein. Dieses Argument ist kein neuer Gedanke, sondern wird schon seit einigen Jahrzehnten in dieser oder ähnlicher Form vorgetragen. Zwei Beispiele im Internet finden sich auf bibelkritik.ch und auf nordwest.net. Es sollen daher nachfolgend einige der Bibelzitate aus den Links betrachtet werden um zu sehen, ob sie nur die oben genannten Schlussfolgerungen zulassen.

Kurze Zeit bis zur Wiederkunft?
Beginnen wir nun mit der Betrachtung der Zitate, aus denen gefolgert wird, dass Jesus eine baldige Wiederkunft versprochen hätte.

Mathhäus 24:34-35

Mathhäus 24:34 Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht. 35 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen. 36 Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.

Eine entsprechende Passage findet sich auch in Markus 13:30.

Dieses Geschlecht wird von Kritikern als diejenige Generation interpretiert, welche zur Zeit von Jesus gelebt hat. Hierbei wird aber vor allem der Gesamtzusammenhang von Matthäus 24 außer Acht gelassen, denn dieser ist eindeutig im Sinne einer fernen Wiederkehr Jesu zu sehen:

Matthäus 24:3 Und als er auf dem Ölberg saß, traten seine Jünger zu ihm und sprachen, als sie allein waren: Sage uns, wann wird das geschehen? Und was wird das Zeichen sein für dein Kommen und für das Ende der Welt? 4 Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Seht zu, dass euch nicht jemand verführe. 5 Denn es werden viele kommen unter meinem Namen und sagen: Ich bin der Christus, und sie werden viele verführen. 6 Ihr werdet hören von Kriegen und Kriegsgeschrei; seht zu und erschreckt nicht. Denn das muss so geschehen; aber es ist noch nicht das Ende da. 7 Denn es wird sich ein Volk gegen das andere erheben und ein Königreich gegen das andere; und es werden Hungersnöte sein und Erdbeben hier und dort. 8 Das alles aber ist der Anfang der Wehen. 9 Dann werden sie euch der Bedrängnis preisgeben und euch töten. Und ihr werdet gehasst werden um meines Namens willen von allen Völkern. 10 Dann werden viele abfallen und werden sich untereinander verraten und werden sich untereinander hassen. 11 Und es werden sich viele falsche Propheten erheben und werden viele verführen. 12 Und weil die Ungerechtigkeit überhand nehmen wird, wird die Liebe in vielen erkalten. 13 Wer aber beharrt bis ans Ende, der wird selig werden. 14 Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker, und dann wird das Ende kommen.

Hier werden viele Zeichen genannt, die seiner Wiederkunft vorausgehen. An diesen lässt sich ablesen, dass diese kaum in 30-40 Jahren (also zu Lebzeiten der Jünger) stattfinden können, sondern, dass dazu längere Zeiträume nötig sind. Parallelstellen dazu finden sich auch bei Markus und Lukas.

Außerdem wird das Wort Geschlecht an vielen Stellen der Bibel nicht im Sinne der lebenden Generation gesehen. Bekanntestes Beispiel ist sicher das „Geschlecht Davids“, das Personen umfasst, die über einen Zeitraum von über 500 Jahren gelebt haben. Dieses Geschlecht aus Matthäus 24:34 lässt sich daher am sinnigsten auf das Geschlecht des Volkes Israel oder auf das ganze Menschengeschlecht beziehen. Beide sind bis heute nicht vergangen. Des Weiteren fügt sich der Vers so problemlos in den Zusammenhang von Kapitel 24 ein, so dass man keine inneren Widersprüche innerhalb eines einzigen Kapitels annehmen muss. Matthäus 24:34 muss daher nicht als Naherwartung gedeutet werden.

Markus 9:1

1 Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft.

Diese Stelle ist sicher eine der kritischeren. Dennoch gibt es Lösungsansätze. So muss festgestellt werden, dass Jesus nicht immer dort wo er „vom Reich Gottes“ spricht, sein zweites Kommen und somit das Ende der Welt meint. So zum Beispiel in Markus 1.

14 Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus wieder nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes 15 und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium! 16 Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihr Netz auswarfen; sie waren nämlich Fischer. 17 Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. 18 Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.

Hier redet er vom hier und jetzt, also seinem ersten Kommen. Der Sohn Gottes ist in die Welt getreten und gibt mit seinen Wundern und Lehren Einblicke in das was Gott zu tun vermag. Dies umschreibt der Evangelist Johannes im ersten Kapitel seines Evangeliums wie folgt:

Joh 1,14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

Gott hat mitten unter den Menschen gewohnt und war ihnen somit nahe und gab Einblicke in sein künftiges Reich.
Somit lässt sich auch Markus 9:1 in der Hinsicht deuten, dass Jesus hier von Dingen spricht, die mit seinem ersten Kommen verbunden sind. Am naheliegensten wäre seine Verklärung, die bereits ab Markus 9:2 geschildert wird:

2 Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; 3 seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. 4 Da erschien vor ihren Augen Elija und mit ihm Mose und sie redeten mit Jesus.

Das größte Zeichen, das den Menschen bei Jesus erstem Kommen zu Teil wurde, ist sicherlich seine Auferstehung, die er in Markus 9:1 angesprochen haben könnte. Aber ebenso könnten auch seine Himmelfahrt oder das Herabkommen des Heiligen Geistes am Pfingsttag gemeint sein. Dies lässt sich wohl nicht eindeutig klären, zeigt aber, dass es durchaus andere Möglichkeiten gibt als anzunehmen, dass Jesus eine baldige Wiederkunft versprach, sich aber irrte.

Matthäus 10:22-23
Ein weiteres ausgewähltes Zitat ist:

Matthäus 10:22 Und ihr werdet gehasst werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt, der wird selig werden. 23 Wenn sie euch aber in einer Stadt verfolgen, so flieht in eine andere. Wahrlich, ich sage euch: Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, bis der Menschensohn kommt.

welches im Sinne einer baldigen Parusie gedeutet wird. Im Internet habe ich einen Kommentar zu diesem Vers gefunden, der meiner Meinung nach sehr treffend eine alternative Interpretationsmöglichkeit zusammenfasst:

Vor diesem Hintergrund ist Matthäus 10:23 zu sehen; der Vers kennzeichnet sein ‘Kommen’ im Gericht über das jüdische System, das er wie auch die Propheten angekündigt hatte (z.B. Matthäus 24:2), und in dessen Folge viele Dinge des Alten Bundes verschwanden, denn der Menschensohn war gekommen! (…) doch würden sie mit den Städten Israels nicht fertig werden, bis der Sohn des Menschen das Gericht über Israel kommen lassen würde, wie es sich dann im Jahre 70 n.Chr. ereignete.

Wichtig ist hierbei wieder erneut der Textzusammenhang des ganzen Kapitels, sowie die damalige Situation:

Matthäus 10:16 Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. 17 Hütet euch aber vor den Menschen; denn sie werden euch den Gerichten überantworten und werden euch geißeln in ihren Synagogen. 18 Und man wird euch vor Statthalter und Könige führen um meinetwillen, ihnen und den Heiden zum Zeugnis. (…) 22 Und ihr werdet gehasst werden von jedermann um meines Namens willen. Wer aber bis an das Ende beharrt, der wird selig werden.

Diejenigen von denen die Jünger verraten und vor Gericht gezerrt werden, sollen die Juden sein. Diese Macht hatten die Juden nur so lange bis die Römer im Jüdischen Krieg das Land verwüsteten und einen Großteil des Volkes zerstreuten. Danach hatten die Christen viele andere Feinde wie die Römer unter deren Verfolgung sie des Öfteren zu leiden hatten. Dass es aber das Ziel der Christen war nicht nur die Juden, denen sie das Evangelium zuerst verkündigten, sondern die ganze Welt zu missionieren, wird schon im ältesten der Evangelien, dem Markusevanglium, ganz klar von Jesus gesagt:

Markus 13:10 Und das Evangelium muss zuvor gepredigt werden unter allen Völkern.

Also musste noch etwas kommen, nachdem man mit den Städten Israels „zu Ende gekommen war“. Somit konnte mit Matthäus 10:22-23 nicht das Ende der Welt gemeint sein. Es ergibt sich also auch hier kein unausweichlicher Zwang die Verse im Sinne einer nahen Parusie zu deuten.

Briefe des Apostels Paulus
Des Weiteren finden sich vier Zitate des Apostels Paulus um die nahe Wiederkehr Jesus zu belegen. Die Stellen sind 1 Thessalonicher 2:17-20, 1 Thessalonicher 3:13, 1 Thessalonicher 4:15-18 und 1 Thessalonicher 5:20-24. Also alle aus dem selben Schriftstück des Apostels. Davon abgesehen die Frage: Hat man hier keine andere Wahl als zu akzeptieren, dass Paulus nur an eine nahe Wiederkehr seines Herrn glaubte? Auch hier ist es angebracht das ganze Neue Testament bzw. sämtliche Briefe des Apostels gemeinsam zu betrachten. Ebenfalls in Kapitel 1 des Thessalonicherbriefes schreibt Paulus:

1 Thess. 5:1 Von den Zeiten und Stunden aber, liebe Brüder, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommen wird wie ein Dieb in der Nacht.

Es ist also absolut nicht vorherzusehen, wann der Tag des Herrn kommen wird. Von daher kann sich der Apostel auch nicht sicher gewesen sein, dass Jesus in den ersten 40 Jahren nach seiner Himmelfahrt wiederkommen würde, denn dann könnte der Dieb nicht vollkommen überraschend kommen, weil man ihn innerhalb eines festen, überschaubaren Zeitrahmens erwarten kann. Deutlicher wird Paulus dann in seinem zweiten Brief an die selbe Gemeinde der Thessalonicher:

2 Thess 2:2 Lasst euch nicht so schnell aus der Fassung bringen und in Schrecken jagen, wenn in einem prophetischen Wort oder einer Rede oder in einem Brief, der angeblich von uns stammt, behauptet wird, der Tag des Herrn sei schon da. 3 Lasst euch durch niemand und auf keine Weise täuschen! Denn zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, 4 der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt und sich als Gott ausgibt.

Sicher ist, dass dem Apostel sehr viel daran lag die Gemeinde der Thessalonicher zur Wachsamkeit zu mahnen, damit sie, wenn der Tag des Herrn kommt, auch bereit sein würde. Diese Wachsamkeit musste stets aufrecht erhalten werden, auch damit sie an die nächste Generation weitergegeben werden konnte. Denn wenn sie einmal verloren gegangen wäre, dann wäre sie nie wieder zurückkommen. Hätte Paulus damals geschrieben: „Es ist wohl wahrscheinlicher, dass Jesu erst in vielen Jahrhunderten wiederkommt.“ wäre es mit der Wachsamkeit aus gewesen. Daher werden die christlichen Kirchen auch heute nicht müde vor allem in der Adventszeit die nötige Wachsamkeit zu betonen, so wie es Paulus damals tat. Ebenfalls ist zu sagen, dass ja nicht auszuschließen war, dass Jesus auch zu Lebzeiten der Apostel hätte zurückkehren können, denn er selbst wies immer wieder darauf hin, dass die Zeit seiner Wiederkehr von den Menschen nicht vorhersehbar sein wird.

Markus 13:33 Seht euch also vor und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist

Also mussten sowohl die Apostel selbst, als auch alle ihre Nachfolgegenerationen stets mit der Wiederkunft Jesu rechnen.
Zusammenfassend lässt sich für diesen Abschnitt sagen, dass Paulus sicher nicht ausschloss, dass Jesus auch zu seiner Zeit hätte zurückkehren können und dass in der ersten Generation der Christengemeinde eine Naherwartung vorherrschte. Doch dass er auch nicht die Wahrheit des christlichen Glaubens daran festmachte, dass dies zu Lebzeiten der Apostel geschieht, sondern auch durchaus später passieren kann. Betrachtet man also die Gesamtheit der Paulusaussagen müssen die vier Zitate nicht zwangsläufig in dem Sinne gedeutet werden, dass Paulus fest davon überzeugt war, dass die Parusie zu seinen Lebzeiten stattfinden würde.

Die spätere Parusie
In den Links finden sich auch zwei Zitate (Matthäus 24:11-14 und Markus 13:10), die dahin interpretiert werden, dass die Wiederkunft Jesu zu einem weit späteren, noch völlig unbekannten Zeitpunkt erwartet wird. Wie bereits dargelegt, weist das komplette Kapitel Matthäus 24 in diese Richtung.
Doch es gibt im Neuen Testament mehr Stellen, als diese beiden. So weist Jesus jegliche Versuche zurück das Datum seiner Wiederkunft abzuschätzen:

Markus 13:32 Doch jenen Tag und jene Stunde kennt niemand, auch nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater. 33 Seht euch also vor und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist.

oder:

Matthäus 24:42 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt. 43 Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, zu welcher Stunde in der Nacht der Dieb kommt, würde er wach bleiben und nicht zulassen, dass man in sein Haus einbricht. 44 Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.

Also wäre es eben auch für die Apostel unmöglich gewesen, sicher zu sein, dass Jesus während ihres irdischen Lebens zurückkommt. Natürlich war es möglich daran zu glauben, aber sie konnten sich nicht sicher sein. Im ersten Kapitel der Apostelgeschichte wird diese Aussage während der Himmelfahrt bestätigt:

Apg. 1:7 Er sagte zu ihnen: Euch steht es nicht zu, Zeiten und Fristen zu erfahren, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. 8 Aber ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde. 9 Und als er das gesagt hatte, wurde er zusehends aufgehoben, und eine Wolke nahm ihn auf vor ihren Augen weg.

Hinweise auf eine späte Parusie finden sich vor allem auch in Jesu Gleichnissen:

Markus 13:34 Es ist wie mit einem Mann, der sein Haus verließ, um auf Reisen zu gehen: Er übertrug alle Verantwortung seinen Dienern, jedem eine bestimmte Aufgabe; dem Türhüter befahl er, wachsam zu sein. 35 Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, wann der Hausherr kommt, ob am Abend oder um Mitternacht, ob beim Hahnenschrei oder erst am Morgen. 36 Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen. 37 Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!

Die Apostel wussten nicht, ob Jesus heute, nächstes Jahr oder in fünf Jahrtausenden kommen würde. Ihnen und den Folgegenerationen bleibt nichts anderes als Jesu Mahnung zu folgen, die sich im Neuen Testament immer wieder finden lässt: “Seid wachsam!“.
Ein weiteres Gleichnis ist das Folgende:

Mattäus 25:14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging: Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. 15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort 16 begann der Diener, der fünf Talente erhalten hatte, mit ihnen zu wirtschaften, und er gewann noch fünf dazu. 17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei dazu. 18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück, um von den Dienern Rechenschaft zu verlangen.

Die Interpreation dieses Gleichnisses ist wohl eindeutig.
Ein weiterer Grund der auf eine späte Parusie hinweist, ist die Tatsache, dass Jesus beschloss auf Erden seine Kirche einrichten, wie dies bei Matthäus berichtet wird:

Matthäus 16:18 Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.

Diese Kirche aufzubauen ist sicher keine Sache von 20 oder 30 Jahren sondern von weit größeren Zeiträumen. Selbst wenn man davon ausginge, dass 30 Jahre genug wären um sie aufzubauen, wäre dies eine ziemlich sinnlose Unternehmung, wenn man sie kurz danach mit dem Ende der Welt wieder auflöst.
Eine letzte Bibelstelle, die hier aufgeführt werden soll stammt aus dem zweiten Petrusbrief:

2. Petrus:3:3 Vor allem sollt ihr eines wissen: Am Ende der Tage werden Spötter kommen, die sich nur von ihren Begierden leiten lassen und höhnisch sagen: 4 Wo bleibt denn seine verheißene Ankunft? Seit die Väter entschlafen sind, ist alles geblieben, wie es seit Anfang der Schöpfung war. 5 Wer das behauptet, übersieht, dass es einst einen Himmel gab und eine Erde, die durch das Wort Gottes aus Wasser entstand und durch das Wasser Bestand hatte. 6 Durch beides ging die damalige Welt zugrunde, als sie vom Wasser überflutet wurde. 7 Der jetzige Himmel aber und die jetzige Erde sind durch dasselbe Wort für das Feuer aufgespart worden. Sie werden bewahrt bis zum Tag des Gerichts, an dem die Gottlosen zugrunde gehen. 8 Das eine aber, liebe Brüder, dürft ihr nicht übersehen: dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. 9 Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren. 10 Der Tag des Herrn wird aber kommen wie ein Dieb.

Wichtig hierbei sind vor allem die Verse 8 und 9. Wieso hätte Petrus bzgl. des Endes der Welt davon gesprochen, dass tausend Jahre bei Gott wie ein Tag sind, wenn es doch die volle Überzeugung des Glaubens der Apostel gewesen wäre, dass bis Jesu Wiederkunft nur einige Jahre vergehen würden? Im Gegenteil: Er bereitet hier seine Leser darauf vor, dass auch damit zu rechnen ist, dass es durchaus noch lange dauern kann bis Jesus wieder auf die Erde kommt. Dies ist auch ein Zeichen dafür, dass 1. Petr 4,7 vergleichbar den Briefen des Apostel Paulus nicht in der Hinsicht gedeutet werden muss, dass es für Petrus nur die Option gab, dass Jesus zu seinen Lebzeiten wiederkommen würde.

Randbemerkungen
Auf nordwest.net werden noch zwei Behauptungen aufgestellt, die näherer Betrachtung bedürfen. Zum einen ist dort zu lesen:

Die Parusie ist bekanntlich der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Christusglaubens.

mit anschließender „Schlussfolgerung“:

Denn, wer nicht von den Toten auferstanden und folglich nicht in den Himmel aufgefahren ist, kann auch nicht von dort zurückkommen.

Erstens hat dies mit dem eigentlichen Ziel des Artikels, welches darin besteht zu zeigen, die Bibel verbreite die Aussage Jesu Wiederkehr finde zu Lebzeiten der Jünger statt, was aber nicht stattfand, nichts zu tun. Zweitens besitzt der Satz in sich schon keine Logik: Wieso ist etwas Dreh- und Angelpunkt einer Sache, wenn es andere Dinge als Vorbedingungen benötigt? Folgender Satz besitzt, die gleiche „Logik“: „Das Brechen eines Oberschenkelknochens ist Dreh- und Angelpunkt des menschlichen Lebens. Denn wer nicht gestürzt ist oder eine sonstige Krafteinwirkung auf den Knochen bestand, kann sich auch kein Bein brechen.“ Aber selbst wenn ein logischer Versuch vorgelegen hätte zu begründen, warum die Parusie Dreh- und Angelpunkt des Christentums sein soll, kann man dieser Aussage mit der Bibel selbst widersprechen, denn der zentrale Punkt des christlichen Glaubens ist der Kreuzestod und die Auferstehung des Gottessohnes.

Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. 14 Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung
leer und euer Glaube sinnlos. (1 Kor. 15:13 )

Nirgendwo wird man Paulus oder einen anderen Apostel sagen hören:

Wenn Jesus nicht zu unseren Lebzeiten wiederkommt ist/war unser Glaube sinnlos.

Hier liegt also eine Falschaussage bezüglich des christlichen Glaubens vor.
Eine weitere hinterfragbare Behauptung ist:

Es kann mit gutem Grund angenommen werden, dass die Originalschriften der vier Evangelien im zweiten oder dritten Jahrhundert n.Chr. vorsätzlich vernichtet worden sind, weil man anhand dieser die späteren Zusätze bzw. Fälschungen hätte erkennen können.

Diese basiert zum einen auf den dort eigenwillig durchgeführten Interpretationen der verwendeten Bibelstellen. Nur wenn man, wie dort angenommen, davon ausgeht, dass sich Matthäus 24 intern widerspreche (was wie weiter oben gezeigt keineswegs zwingend ist) kann man überhaupt nachvollziehen, wie der Autor überhaupt auf eine derartige Aussage kommen kann. Allerdings sollten noch folgende Fakten berücksichtigt werden:
Es gibt kein Schriftstück der Antike von dem auch nur annährend so viele Fragmente und Abschriften erhalten sind wie von der Bibel. Zum Vergleich: Das antike Werk von dem mit 643 die zweitmeisten Fragmente gefunden wurden ist Homers Ilias. Vom Neuen Testament besitzen wir dagegen rund 25000. Einige davon sogar aus dem ersten Jahrhundert. (vgl. Josh McDowell, „The new evidence that demands a verdict“, 1999, Kapitel 3). Mit dem Bodmer-Papyrus besitzen wir zum Beispiel eine Abschrift des Johannesevangeliums, die zwischen 150-200 angefertigt wurde. Das erste nahzu vollständige Neue Testament das wir besitzen stammt aus dem Jahr 325; der berühmte von Tischendorf entdeckte Codex Sinaticus. Das heißt: Zwischen der Erstfassung und der ersten erhaltenen Abschrift liegen keine 250 Jahre. Beim Johannesevangelium nicht mal 100, bei einigen Fragmenten weniger als 50 Jahre. Wie sieht es bei anderen Werken der antiken Literatur aus? Von Cäsars Gallischem Krieg, der zwischen 100 und 44 vor Christus abgefasst wurde, liegt uns die erste erhaltene Abschrift aus dem 900. Jahrhundert vor, dass heißt fast 1000 Jahre nach dem Original. Käme deshalb jemand auf die Idee zu behaupten man habe die Originale vorsätzlich vernichtet, weil man sie heutzutage nicht mehr findet? Damit Papyrus oder Pergament lange erhalten bleibt, müssen sehr gute Bedingungen herrschen, weil sich das
Material sonst nach wenigen Jahrzehnten auflöst bzw. der Text zumindest unleserlich wird. Aber wer weiß: Vielleicht finden wir eines Tages noch mehr vollständige Abschriften von Büchern der Bibel als es heute schon der Fall ist, womit derartige Kritikmöglichkeiten von Vorne herein ausgeschlossen werden.

Schlussfolgerung
Vor der eigentlichen Schlussfolgerung hier nochmals ein Hinweis. Ich bin natürlich kein Theologe und bewege mich daher hier nicht auf meinem „Fachgebiet“, sondern kann nur aus der Sicht eines Durchschnittskatholiken schreiben, der nebenbei studiert, einen Job hat und bei der Feuerwehr ist.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal den Autor des Aufsatzes zu Wort kommen lassen, den ich oben bereits zitiert habe:

Ganz sicher gibt es für die eine oder andere Textstelle unterschiedliche Deutungsmöglichkeiten. Doch zeigen die Ausführungen, daß Jesus keineswegs eine Lehre vertreten hat, die sich dann als Irrtum erwies. Daß die Wiederkunft immer noch aussteht, bis heute, spricht nicht gegen die Richtigkeit der Worte Jesu und schon gar nicht gegen die Erwartungshaltung und Lehre Jesu, der das Ziel verfolgte, seine Jünger und Nachfolger aller Zeiten in ihrer Wachsamkeit zu bestärken.

Diesen Aussagen möchte ich zustimmen. Auch ich behaupte nicht für jeden Vers der Bibel die richtige Interpretation zur Hand zu haben, das wäre vermessen. Betrachte ich aber das Neue Testament in seiner Gesamtheit, so ergibt sich für mich ein durchaus schlüssiges Bild und nicht eine Ansammlung von Widersprüchen.
Josh McDowell hat einmal sinngemäß gesagt: Wenn sich in der Bibel eine schwierige Stelle findet ist dies sicher kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: „Hierfür gibt es keine Lösung, ich gebe auf.“ Dies ist eines Wissenschaftlers unwürdig. Wenn ein Wissenschaftler etwas beobachtet, dass er nicht erklären kann, so ist dies für ihn kein Grund zu sagen: „Das ist ein Problem, dass wir nie lösen können!“, sondern es ist der Ansporn sich mit der Beobachtung auseinander zu setzen, sie zu erforschen und evt. dann auch schließlich erklären zu können. Wieso sollte das bei den Wissenschaften, die sich mit der Bibel beschäftigen anders sein? Sollte auch ein Papyrologe, ein Philologe, ein Archäologe oder ein Neutestamentler resigniert den Hut ziehen und aufgeben, wenn er auf ein Problem oder eine Schwierigkeit mit der Bibel stößt? Nein. Das soll für ihn der Startschuss für intensive Forschung sein.
Dem kann ich ebenfalls voll und ganz zustimmen.