Der unhistorische Karfreitag Teil 2

Im lokalen Main Echo erschienen am 20. April zwei Leserbriefe, die auf die Leserbriefe Bezug nehmen, welche die Argumentation der Zeitung gegen die Glaubwürdigkeit der Karfreitagsereignisse kritisierten. Über meinen Leserbrief zu diesem Thema schrieb ich kürzlich. Auch wenn mein Name in diesen beiden Leserbriefen nicht genannt wird, fühle ich mich daher von den beiden Briefen angesprochen.

Der erste Brief

Hier nun zuerst der Inhalt des ersten Leserbriefes von Herrn Hartmut Posert:

Leserbrief 1

Diskussion des Briefs

Der Leserbriefbeschreiber beschwert sich darüber, dass in den vorigen Leserbriefen keine Begründungen für das Gesagte gegeben wären. Er selbst nutzt dagegen fast die Hälfte seines Briefes für den unpassenden Vergleich mit dem Osterhasen, dem Nikolaus und dem Christkind (sowie fiktiven Reaktionen von Eltern und Erziehern), der nichts zum eigentlichen Thema beiträgt.
Das einzige wirkliche Argument, das sich in obigem Leserbrief findet, bezieht sich auf zwei Sätze aus einer Predigt, die der Apostel Paulus laut der Apostelgeschichte (Apg. 13,29f) in der Synagoge von Pisidien hielt. Daraus wird im Leserbrief zitiert:

Als sie (die römischen Soldaten) alles vollbracht hatten, was in der Schrift über ihn gesagt ist, nahmen sie ihn vom Kreuzesholz und legten ihn ins Grab. Gott aber hat ihn von den Toten auferweckt.

Hier sei vorerst angemerkt, dass die Gleichsetzung: „Als sie (die römischen Soldaten) (…)“ im Leserbrief falsch ist, denn der Kontext des Textes sagt klar: „Sie = die Einwohner von Jerusalem und ihre Führer“. Bereits das erste Indiz, dass bei der Zitierung selektiv vorgegangen wurde. Hiermit bestätigt Paulus übrigens indirekt die Aussagen der Evangelien über den Ablauf der Verurteilung Jesu.

Aus obigem Zitat wird von Herrn Posert abgeleitet, dass Paulus weder von einem leeren Felsengrab, einer Auferweckung nach drei Tagen noch von Erscheinungen Jesu vor Petrus und den Frauen wisse. Das neue Felsengrab, in dem noch niemand bestattet worden war (vgl. Lk. 23,53) sei somit eine schöne Erfindung der Evangelisten und eine Fiktion.

Allerdings basiert hierbei alles auf einem argumentum ex silentio, sprich: Was in einer Quelle nicht gesagt wurde, hat es nicht gegeben. Dieser Typ von Argument ist per se schwach und wird in der historischen Forschung nur als plausibel angesehen, wenn das Beschriebene dicht erzählt wird und dennoch vermeintlich Wichtiges dabei nicht erwähnt. Betrachtet man nun den Kontext von Apg. 13,29f wird offensichtlich, dass Paulus in seiner kurzen Predigt eine Zusammenfassung der Geschichte des Volkes Israel von der Zeit des Exodus, über die Landnahme, die Zeit der Richter und Könige bis hin zu Tod und Auferstehung Jesu gibt. Ein Zeitrahmen von über 1000 Jahren in lediglich 15 Versen. Kann somit von einem dichten Bericht die Rede sein? Sicherlich nicht. Würde man hierin die Erwähnung von Details erwarten? Ebenfalls nicht. Somit besitzt das argumentum ex silentio hier keinerlei Tragfähigkeit. An dieser Stelle ist es für Paulus‘ Predigt auch vollkommen ohne Belang in welchem Grab und wie Jesus genau bestattet wurde.

Ebenso gibt es keinen Grund anzunehmen Paulus habe nicht um die Auferstehung in drei Tagen gewusst. Denn diese bestätigt schon Petrus in der Apostelgeschichte (Apg. 10,40) und Paulus wirkte am Anfang seinen Dienst zusammen mit den Aposteln in Jerusalem selbst (Apg. 9,27f). Er hatte also Informationen aus erster Hand. Hinzu kommt, dass Paulus zusammen mit Barnabas unterwegs war (Apg. 12,25), der einer der ersten war, die den Aposteln nachfolgten (Apg. 4,36) und von ihnen unterrichtet wurde. Also besagt sogar dieselbe Quelle, auf dich sich Herr Posert beruft, dass die drei Tage bereits in der frühesten Zeit der Urgemeinde allgemein bekannt waren.

Außerdem unterschlägt der Leserbriefschreiber den auf sein Zitat direkt folgenden Vers:

31 und er ist viele Tage hindurch denen erschienen, die mit ihm zusammen von Galiläa nach Jerusalem hinaufgezogen waren und die jetzt vor dem Volk seine Zeugen sind.

Hier wird direkt bestätigt, dass Paulus um die Erscheinungen vor Petrus weiß, vor allem, wenn man dessen Rolle unter denen bedenkt, die jetzt vor dem Volk seine Zeugen sind und die auch in der Apostelgeschichte ausgiebig thematisiert wird. Auch hier hat er keinen Grund weiter in Details zu gehen, da sie im Kontext der Predigt unerheblich sind.

Was ist von der Aussage zu halten die Auferstehung am dritten Tag sei eine deutlich spätere Erfindung der Evangelisten? Dass das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte aus einer Hand stammen ist unbestritten, wobei das Evangelium vor der Apostelgeschichte entstand und den dritten Tag mehrfach explizit erwähnt. Wenn die Evangelisten tatsächlich solche großen Fälscher gewesen wären und Paulus‘ Predigt damals wirklich so interpretiert worden wäre, dass man daraus den Schluss hätte ziehen können, er wisse nicht um die Auferstehung am dritten Tag, hätte man dann nicht einfach den Wortlaut seiner Predigt bei der Niederschrift leicht verändert? Korinther 15,4 zeigt des Weiteren unzweifelhaft, dass Paulus schon vom dritten Tag wusste bevor die Evangelien weite Verbreitung fanden. Generell liegt hier ein sehr schönes Beispiel von Bibelkritik mittels out-of-context Zitaten vor, wie sie leider häufig und gerne betrieben wird.

Ein weiteres Argument

In einem persönlichen Schreiben sendete mir Herr Posert indirekt ein weiteres Argument für die Unglaubwürdigkeit der Evangelien. So widersprächen sich diese im Ort der Himmelfahrt. Doch ist dies korrekt? Lukas 24,50 ist dabei relativ konkret und schreibt:

Dann führte er sie hinaus in die Nähe von Betanien (Lk 24,50).

Das zweite Evangelium, welches die Himmelfahrt erwähnt, ist Markus. Dort heißt es:

Später erschien Jesus den Elf selbst, als sie bei Tisch waren; er tadelte ihren Unglauben und ihre Verstocktheit, weil sie denen nicht glaubten, die ihn nach seiner Auferstehung gesehen hatten. (Mk 14)

Darauf folgen seine Anweisungen an die Jünger und schließlich:

Nachdem Jesus, der Herr, dies zu ihnen gesagt hatte, wurde er in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten Gottes. (Markus 16,19)

Das Mahl hielten die Jünger in Jerusalem. Sie waren in einem Gebäude. Dass eine Himmelfahrt bzw. eine Aufnahme in den Himmel dagegen im Freien stattfindet, lässt vermuten, dass zwischen Vers 14 und 19 ein Ortswechsel stattfand. Betanien liegt lediglich rund zwei Kilometer von Jerusalem entfernt und der Weg führt über den Ölberg, einen Ort den Jesus sehr schätzte. Eine Harmonisierung der beiden Berichte ist somit keineswegs unmöglich, vor allem wenn wir uns vor Augen halten, dass die Antike Geschichtsschreibung bezüglich Orts- und Zeitangaben anderen Regeln folgte als unsere heutige Geschichtswissenschaft.

Der zweite Brief

Hier außerdem der zweite Brief:

Der zweite Leserbrief bleibt frei von Argumenten. Stattdessen strotzt er von Kritik ad hominem und Pauschalisierungen. Wer Drewermann und Küng nicht als Wahrheit anerkennt ist „dogmatisch fixiert“, die Quellen „fragwürdig“ und bloßer Glaube ist „Naivität“. Dagegen ist die andere Seite „modern“ und „seriös“. Angebliche Widersprüche zwischen Lukas und Paulus oder Fehlübersetzungen werden keine aufgeführt. Auch wäre interessant zu wissen, welche Antiken Quellen uns im Original vorliegen.

Ein Gedanke zu „Der unhistorische Karfreitag Teil 2

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