Norbert Rohde an Prof. Heinrich Bedford-Strohm

Im Folgenden sei zuerst ein Leserbrief von Norbert Rohde an Prof. Heinrich Bedford-Strohm wiedergegeben. Die störenden Hervorhebungen durch Fettdruck im Original sind hierbei entfernt worden. Der Brief wurde anlässlich eines Interviews der Zeit mit Bedford-Strohm [1] verfasst. Anschließend folgt ein Kommentar vom Autor dieses Textes zum Geschriebenen.

1. Der Leserbrief

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Bedford-Strohm,

vor ein paar Tagen fiel mir der obige Artikel in die Hände. Ich erlaube mir, Ihrer folgenden Behauptung zu widersprechen: „Lange Zeit dachten wir, der Mensch habe das Recht, sich der Natur zu bemächtigen. Theologie hat mithilfe der Ökologiebewegung herausgearbeitet, dass das, was in der Bibel „Herrschaft über die Erde“ heißt, nichts anderes bedeutet als „Pflege der Natur“.

Die entsprechenden Bibeltexte lassen aber eine derartige Interpretation nicht zu.

In Genesis 9, 1-2 spricht Gott (Jahwe) zu den Menschen: „Seid fruchtbar, mehret euch und füllet die Erde. Furcht vor euch und Schrecken sei bei allen Erdentieren, bei allen Himmelsvögeln, bei allem, was auf dem Erdboden kriecht und bei allen Fischen des Meeres, in eure Hand sind sie gegeben!“

Von einer „Hege und Pflege der Natur“ ist in der Bibel nicht die Rede.

Der unvollkommene, fehlerhafte Mensch soll als vermeintliche Krone der Schöpfung die Erde und ihre Tierwelt mit Furcht und Schrecken beherrschen? Wie wir wissen, hat diese vermeintlich „göttliche“ Anordnung zu einer gnadenlosen Ausbeutung der Erde durch eine ungebremste Bevölkerungsexplosion sowie zu einer Verarmung großer Landesteile, zu Hunger, Krankheiten und Elend vieler Volksgruppen, zur Dezimierung der artenreichen Tier- und Pflanzenwelt, zur Umweltvergiftung und sukzessiven Zerstörung der Schöpfung geführt … durch den (angeblich) gottebenbildlichen Menschen. Sollte ein allwissender, weiser, allmächtiger und absolut vollkommener Gott nicht voraus gesehen haben, welchen Prozess er mit seiner Forderung nach Genesis 9, 1-2 in Gang bringen würde?

Sehr geehrter Herr Heinrich Bedford-Strohm, Sie fordern von ihren Gläubigen: „Leben sie im Hier und im Jetzt.“ Doch was verstehen Sie unter „Hier und Jetzt“?

Bekanntlich sieht das „Hier und Jetzt“, also die reale Wirklichkeit des irdischen Daseins für Menschen, Tiere und Pflanzen anders aus als jener Wunschtraum, den uns manche Theologen von diesem Leben nahe bringen wollen. Das irdische Leben ist nach Gottes Willen nur möglich, wenn es anderes Leben zerstört und „auffrisst“. Das „Recht der Stärkeren“ ist – wie wir seit Darwin wissen – ein ehernes Naturprinzip. Der tägliche Kampf ums Dasein ist für alle Lebewesen eine zwingende (gottgewollte?) Notwendigkeit. Sie hat recht wenig mit den Vögeln der Bergpredigt zu tun, die vom himmlischen Vater ernährt werden, obwohl sie weder säen noch ernten. Zwischen dem Glauben an die göttliche Makellosigkeit der Schöpfung und der mangelhaften Wirklichkeit unseres Daseins klafft ein unüberbrückbarer Graben. Ich will versuchen, die Widersprüchlichkeit zwischen der monotheistischen Glaubenthese vom absolut guten, lieben, weisen, allwissenden Gott und der realen Wirklichkeit unseres (absolut unvollkommenen) Seins deutlich zu machen.

In der Bibel ist tausend mal mehr von einem furchterregenden, völkervernichtenden, steinigenden Gott die Rede als von einem väterlichen, lieben und barmherzigen Gott.

In Exodus 23, 27 spricht Jahwe: „Ich will meinen Schrecken vor dir hersenden und
jedes Volk, zu dem du (Moses) kommst, will ich zum Verzagen bringen!“

In Deut.13, 7-11 befiehlt Jahwe: „Wenn dein Bruder, dein Sohn oder deine Tochter oder die Frau an deiner Brust oder dein Freund, den du so lieb hast wie dein ich, dich heimlich verführen wollen und sagen: „Lass uns doch hingehen und anderen Göttern dienen … , so sollst du sie dem Tod überliefern … mit Steinen sollst du sie zu Tode steinigen“. Bekanntlich war im AT die Steinigung Jahwes Lieblingsstrafe, sie wird auch heute noch im Islam praktiziert.

Auch Jahwes (angeblicher) Sohn, Jesus von Nazareth, hatte für sich gefordert: „Wenn jemand zu mir kommt, aber Vater und Mutter und Frau und Kinder und Bruder und Schwester, ja auch sich selbst nicht hasst, so kann er nicht mein Jünger sein“ (Lukas 14, 26).

In Matthäus 10, Vers 35 sagt Jesus: „Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Sohn mit dem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter, die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. So werden (durch mich) des Menschen Feinde seine eigenen Hausgenossen.“
Im gleichen Sinne äußert sich Jesus in Lukas 12: „Glaubt nicht, ich sei gekommen Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen und wie gerne möchte ich, es loderte schon empor“

Der hl. Paulus hatte im Römerbrief 1,19 behauptet : „Seit Erschaffung der Welt wird Gottes unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen“. Auch der jüdische Philosoph Baruch de Spinoza (1632-1677) war fest davon überzeugt: „Es darf und kann keinen Widerspruch geben zwischen dem Buch der Natur und dem Buch der Heiligen Schrift“. Auch für den Philosophen Gottfried Wilhelm Leibnitz (1646-1716) war “die bestehende Welt die beste aller möglichen Welten“.

Im Gegensatz hierzu hatte 1851 der englische Naturforscher und anglikanische Priester Charles Darwin nach Abschluss umfangreicher Forschungsreisen feststellen müssen: „Ein Teufels-priester könnte ein Buch schreiben über die unbeholfenen, verschwenderischen, stümperhaften, gemeinen und fürchterlich-grausamen Werke der Natur.“ Dank der heutigen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse können wir uns ein weit besseres Bild von der WIRKLICHKEIT unserer Welt machen, als noch vor 100 Jahren. Was man früher nicht wissen konnte, das weiß heute bereits so manches Kind: Die Welt scheint das Werk eines DÄMONEN zu sein und nicht das Werk eines LIEBEN GOTTES.

Die Bibel sagt, dass kein Sperling zur Erde fällt ohne den Willen des himmlischen Vaters,
sogar die Haare des Hauptes seien gezählt (Matth. 10, 30/31). Nichts geschieht im Universum
ohne Wissen und Wollen des LIEBEN GOTTES . Das betrifft auch unsere Bittgebete, die alltäglich von Millionen Gläubigen zum Himmel geschickt werden.

Jesu Worte in Matth. 7, 7-11: „Bittet, und es wird euch gegeben; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und es wird euch aufgetan. Denn jeder, der bittet, empfängt; wer sucht, der findet; wer anklopft, dem wird aufgetan. Wer von euch wird seinem Sohn einen Stein geben, wenn er ihn um Brot bittet? Oder wer wird ihm eine Schlange geben, wenn er ihn um einen Fisch bittet? Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn darum bitten!“

Jesu Worte in Matth. 18, 19-20: „Wenn zwei von euch auf Erden um irgend etwas einmütig bitten, so wird es ihnen von meinem himmlischen Vater zuteil werden. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“

In der realen Praxis sind aber alle Gebete in den Wind geblasen, genauso wie bei den tibetanischen Gebetsmühlen. Die Bittenden empfangen erfahrungsgemäß eine Schlange, wenn sie um einen Fisch gebeten haben. Alle Naturkatastrophen kommen und gehen unabhängig von der Flut aller Gebete. Die angeblich von einem „Schöpfergott“ geschaffene Natur steckt voller Fehler und Grausamkeiten, hinter denen man keinen absolut vollkommenen Designer erkennen kann, sondern das völlige Gegenteil.

Schauen wir uns eines unter vielen anderen grausamen Beispielen aus der göttlichen Schöpfung an: Die Juwelwespe (Ampulex compressa), die in Afrika, Indien und dem pazifischen Raum heimisch ist, nutzt Küchenschaben als Brutstätte für ihre Larven. Damit die Wespe die Kakerlake in ihr Nest schaffen kann, bändigt sie die Schabe mit einem ersten Stich und setzt dann einen
weiteren präziseren Stich direkt ins Gehirn ihres Opfers. Danach ist die Schabe nicht vollständig außer Gefecht gesetzt. Sie kann sich nach wie vor fortbewegen, tut das aber nicht selbstständig, sondern lässt sich von der Wespe am Fühler geführt ins Nest der Wespe führen. Dort legt das Tier ein Ei in den Bauch der Schabe, und die später schlüpfende Larve frisst langsam das Insekt von innen her auf.

Jean Henry Fabre, der große französische Naturforscher, beschrieb das Schicksal einer paralysierten Grille folgendermaßen : Man kann sehen wie die Grille, bis ins Innerste angefressen, vergeblich ihre Fühler und Abdominalsegmente bewegt, die leeren Kiefer öffnet und schließt, und vielleicht sogar einen Fuß bewegt, aber die Larve ist sicher und durchsucht ungestraft ihre Organe. Fabre fütterte die Opfer mit Zuckerwasser und zeigte so, dass sie am Leben waren, fühlen konnten und – so implizierte er – für jede Linderung ihres unausweichlichen Schicksals dankbar waren.

Auch andere Schlupfwespen verbringen ihr Larvenstadium als Parasiten im Körper von Raupen, Blattläusen, Grillen oder Spinnen. Die Wespenmutter legt ihre Eier in den Körper des Opfers, das durch den Stich gelähmt, aber am Leben gelassen wird, denn eine verwesende Leiche nutzt dem Parasiten nicht viel. Sobald die Larven schlüpfen, beginnen sie ihr makabres Werk, genauso wie die Juwelwespenlarven. Sie fressen das Opfer langsam aber unerbittlich von innen her lebendi-gen Leibes auf. Dabei fressen sie zunächst nur die Fettschicht und die Verdauungsorgane ihres Opfers. Die lebensnotwendigen Organe – Herz und Nervensystem – bewahren sie sich bis zum Schluss auf. Erst dann wird das Opfer getötet und eine neue Wespe schlüpft durch die leere Hülle nach draußen.

Charles Darwin legte 1860 (in einem Brief an den Botaniker Asa Gray, einem gläubigen
Christen) den Finger in die Wunde: „Ich gestehe, dass ich Beweise von Planung und
Wohlwollen um uns herum nicht so klar sehen kann wie andere, wie ich es gerne sehen würde. Mir scheint, es gibt in der Welt zu viel Elend. Ich kann mich nicht recht damit befreunden, dass ein gütiger und allmächtiger Gott bewusst die Ichneumonen (der Schlupfwespen) mit der ausdrücklichen Absicht erzeugt haben soll, dass sie sich vom lebenden Körpern der Raupen ernähren sollen“.

Das Prinzip des Lebens heißt in der Pflanzen-, Tier- und Menschenwelt: „Fressen und
gefressen werden“. Das von einem LIEBEN GOTT geschaffene Leben funktioniert
nur, wenn es anderes Leben zerstört und auffrisst. Selbst Albert Schweitzer, der große Prediger der «Ehrfurcht vor Gott und dem Leben», musste «schmerzvoll» einräumen: Die Natur
kennt keine Ehrfurcht.

Nicht nur das Verhalten der oben genannten Tierarten, sondern die Verhaltensweisen aller
Lebewesen sind von Natur aus in ihrem artspezifischen Genom einprogrammiert. Jedes
Lebewesen kann nur das tun, wofür es von seinem genetischen Instrumentarium
(Genom) befähigt worden ist. Das trifft natürlich auch für jeden Menschen zu.

Alle Lebewesen unserer Erde erleben seit ihrem Bestehen die Natur als äußerst grausam: Wir werden von Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüchen, Flächenbränden, Überschwemmungen, Dürre- und Hungerkatastrophen heimgesucht, die Tausende oder Hunderttausende (zumeist Kinder) dahinraffen. Wir werden gequält von Krätzmilben, Aidsviren und Hakenwürmern, die die Darmwände zerfressen, von Stechrüsseln und Giftstacheln, die die Kopfhaut derart schinden, dass in Afrika manche armen Teufel den Schädel unter den Harnstrahl einer Kuh halten, um das Ungeziefer loszuwerden.

Unbestritten wissen wir heute, dass die Schöpfung bzw. die Evolution eine Serie verhängnisvoller Fehler enthält. Sie beruht auf natürlicher Selektion, auf genetisch erworbenen Unterschieden und auf der Fähigkeit zur Reproduktion. Sie braucht Variation und kann nur mit
dem arbeiten, was zufällige Mutationen ihr bieten. Das Resultat sieht oberflächlich betrachtet oft nach Perfektion aus, ist aber das genaue Gegenteil.

Die Evolution kennt das Konzept der Perfektion ebenso wenig wie das der Komplexität.
Beides entsteht erst im Auge des Betrachters. Das evolutionäre Lied hat viele Dissonanzen. Es scheint nicht das Werk eines großen Komponisten, sondern eines Arbeitstiers ohne Bewusstsein zu sein. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus hat kein grandioser Ingenieur unsere Welt geschaffen. Es muss ein Kesselflicker gewesen sein.. Ob es einen großen Designer da draußen gibt, ist nicht Gegenstand der Wissenschaft. Wenn es ihn geben sollte, beweist die Evolution vor allem eins: Er erledigt seinen Job miserabel und ist alles andere als ein „absolut vollkommenes, göttliches “ Wesen, wie unsere Theologen behaupten.

Kein Wunder, dass die geplagte Menschheit aufgrund der Boshaftig- und Hässlichkeiten
der Natur schon immer von einem „Paradies“ geträumt hat. Die Lebensverhältnisse müssen
bereits vor Adam und Eva – bzw. vor dem Erscheinen der ersten Hominiden – also vor 4 Millionen Jahren – alles andere als paradiesisch gewesen sein. So gab es beispielsweise in den letzten 500 Millionen Jahren mehrere große Naturkatastrophen, bei denen jeweils die Hälfte aller Tierspezies ausstarb. Vor ca. 250 Millionen Jahren wurden sogar 95 % aller Meeresbewohner, sowie 75 % aller Reptilien- und Amphibienarten ausgelöscht. Auch ein Drittel aller Insektenarten verschwand von unserer Erde. Fast alle an Land lebenden Wirbeltiere starben etwa 40 Millionen Jahre später aus. Als Ursache für das große Artensterben werden eine Reihe von außergewöhnlich heftigen Vulkanausbrüchen angenommen.
Nach den fünf globalen Katastrophen, die sich vor 65 bis 500 Millionen Jahren ereignet haben, erwarten wir diesmal die sechste Katastrophe, die vom angeblichen Abbild eines vermuteten göttlichen Schöpfers, dem Menschen, verursacht sein wird. Getreu der göttlichen Forderung (Genesis 9, 1-2) hat sich die Spezies Mensch schrankenlos vermehrt und sich die Erde rücksichtslos mitsamt den Tieren und Pflanzen untertan gemacht … ohne jemals die negativen Folgen seiner „Ausbeutungspraktiken“ bedacht zu haben.

Das – JAHWE in den Mund geschobene – Eigenlob (Genesis1, 31): „Gott sah alles, war er gemacht hatte und fürwahr, es war sehr gut“, lässt sich weder mit den historischen, katastrophalen, erdgeschichtlichen Ereignissen noch mit den oben geschilderten Schöpfungspannen vereinbaren. Der theologische Wunsch und die reale Wirklichkeit sind nicht deckungsgleich, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen:

Alljährlich werden weltweit 5 Millionen Kinder geboren, die schwerstbehindert sind, so dass sie ohne menschliche Hilfe nicht überlebensfähig sind. Über 10% dieser Neugeborenen sterben noch vor dem fünften Lebensjahr. Die Zahl der missbildeten Tiergeburten ist naturgemäß weit höher, weil auf unserer Erde milliardenfach mehr Tiere als Menschen leben. Das Leid der Tierwelt, die sich im Gegensatz zum Menschen, nicht selber helfen kann, schreit zum Himmel, von dem allerdings keine Hilfe zu erwarten ist. Bei allen natürlichen Fehlbildungen und Krankheiten denkt man unwillkürlich an den LIEBEN GOTT des Alten Testaments, der seinem Lieblingsvolk, den mosaischen Juden, verboten hatte, fehlgebildete und kranke Tiere ihm zu Ehren als Brandopfergabe darzubieten. Missbildete und kranke Menschen und Tiere waren für ihn „unrein“ und seiner „nicht würdig“, genauso wie „Priester mit körperlichen Gebrechen“ für den LIEBEN Gott „unrein“ waren. In Leviticus 21, 23 fordert JAHWE: „Wer ein Leibesge-brechen hat, soll meine Heiligtümer nicht entweihen, denn ich bin der Herr, der sie heiligt”. Unwillkürlich denkt man hierbei auch an die Leibesgebrechen des verstorbenen Papstes Johannes-Paul II.

Die allermeisten Fehler der Evolution (bzw. Schöpfung) haben genetische Ursachen. Das zeigte eine Analyse von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön, die das Alter von 4.000 Chromosomenabschnitten untersucht hatten, die mit Erbkrankheiten in Zusammenhang stehen. Diese Krankheitsgene existieren bereits seit dem Ursprung der ersten Zellen – sind also uralt und auch nach mehreren Millionen Evolutions-Jahren immer noch nicht ausgemerzt. Weltweit sind rund 9000 genetisch bedingte Krankheiten erfasst; Krankheiten, deren Ursache in Fehlbildungen und negativen Mutationen der menschlichen Gene liegen. In Deutschland leiden derzeit ca. 5 Mio. Menschen unter solchen Krankheiten, das sind 6% der Bevölkerung. Wenn es diesen JAHWE in Wirklichkeit gäbe, müsste man ihm vorhalten, dass es in seiner „Schöpfung“ nur so von allerlei Leibesgebrechen wimmelt. Erfahrungsgemäß kann man von der Qualität eines Meisterhandwerkes auf die Qualität des Handwerksmeisters schließen. Wenn das auch für den vermuteten Schöpfer der Welt zutrifft, so ist der LIEBE GOTT ein miserabler Pfuscher und weder ein weiser, allmächtiger, allgütiger, noch ein treu sorgender und superlieber Gottvater!

Bis in das 17. Jahrhundert war es für eine Frau nicht nur aus anatomischen (weil geburtshinder-lichen) Gründen gefährlich, eine Missbildung auf die Welt zu bringen. Da es noch keine wissenschaftlichen Theorien über die Entstehung von Fehlbildungen gab, herrschten abenteuer-liche und abergläubische Spekulationen über diese „wunderbarlichen, seltzamen und erschröck-lichen Kindsgepurten“ vor. Hatte die arme Gebärende Glück, so wurde ihr nur ein liederlicher und sündhafter Lebenswandel unterstellt, wofür Gott sie eben mit einem Monster strafte. Hatte sie Pech, verdächtigte man sie des geschlechtlichen Verkehrs mit niemand Geringerem als dem Beelzebub, und gar nicht selten endete das Schicksal dieser „lasterhaften Weibsperson“ auf dem Scheiterhaufen. Irre Hypothesen haben die Menschheit stets in die Irre geführt und viel Unheil angerichtet.

Das Lesch-Nyhan-Syndrom

Welche Auswirkungen die „göttlichen Schöpfungspannen“ für die davon betroffenen Menschen haben können, das zeigt uns ein Beispiel aus einer Palette von nahezu 4000 genetisch bedingten
Abnormalitäten. Es handelt sich um das wenig bekannte Lesch-Nyhan-Syndrom, einem Defekt in einem einzigen Gen, das die Betroffenen zwingt, sich zu verstümmeln. Kai Menken aus Nordhorn ist eines dieser bedauernswerten Opfer der „Missratenen Schöpfung“. Kai hat Grund, seine Hände zu fürchten, besonders die linke. Ohne Vorwarnung greift sie ihn an. Sie schlägt ihn
ins Gesicht. Oft geht dann, zu Kais Entsetzen, der Mund auf, und sogleich fährt die Hand hinein, der Kiefer schnappt zu, und die Zähne verbeißen sich in den Fingern. Der Junge kann nichts dagegen tun; er erlebt seinen Körper wie einen Unterschlupf fremder Rebellen, die immer wieder rücksichtslos gegen ihn wüten. Jederzeit muss er mit Attacken rechnen. Kai Menken hat eine seltene Erbkrankheit, genannt Lesch-Nyhan-Syndrom (LNS). In ganz Deutschland gibt es kaum 20 seines Schlags, und alle zeigen ein ähnliches Bild. Sie leben im Rollstuhl, fest verpackt und oft mehrfach gesichert: Helm, Mundschutz, dicke Handschuhe. Immer wieder überkommt sie der Zwang, sich selbst zu verletzen. Einigen wurden alle Zähne gezogen, weil sonst nichts mehr gegen die Beißwut half. Viele weisen Narben auf im Gesicht und an den Händen, manchen fehlen ganze Fingerglieder.

Sollte hier ein absolut böser Gegenspieler des absolut guten Gottes am Werk sein ? Wer hat ihn mit dieser Aufgabe betraut ? War es der allwissende und allmächtige Gott, von dem die Bibel sagt, dass er sowohl außerordentlich gütig, barmherzig und liebevoll ist als auch äußerst weise, allmächtig und allwissend ? Nein, der sogenannte „Stellvertreter Gottes“, der Papst in Rom, ist nach wie vor davon überzeugt, das er der beste aller Götter ist. Er schreibt im vatikanischen „Katechismus der Katholischen Kirche“ :In 1 Joh. 4,8 und 16 steht geschrieben: „Gott ist die Liebe … Liebe ist das Wesen Gottes “. Ist es nicht bemerkenswert, dass Menschen zu Ihren Kindern weit gütiger und liebenswerter sein können als der biblische Jahwe? Ist es nicht bemerkenswert, dass Menschen – wenn sie allmächtig wären – die Welt humaner, gerechter und freudvoller gestaltet hätten als der biblische Jahwe ?

Wenn Menschen sich eine Welt ohne Leid, Krankheiten, Boshaftigkeiten und Grausamkeiten vorstellen können und sehnsüchtig herbeisehnen, warum kann das nicht auch der allmächtige Gott der Bibel ? Wenn Jahwe das Werk von Menschen ist, dann kann er nicht angeklagt werden. Verklagt werden können aber jene Menschen, die mit diesem Phantom Macht über andere Menschen ausüben und ihre gläubigen Schafe bewusst in die Irre führen.

Zitiert aus dem Buch „Mein Abschied von der Bibel: Vom alten Glauben zum neuen Wissen“ von Norbert Rohde, ISBN 978-3-8370-9908-9. Lesproben bei Amazon.de und Google-Bücher.

2. Kommentar
Der Leserbrief wurde mir mittlerweile zweimal weitergeleitet. Beim zweiten mal mit der folgenden Formulierung:

Sehr verehrter Webmaster,

ich empfehle Ihnen, den beiliegenden Brief in Ihrer Webseite zu veröffentlichen. Sicherlich würde das die geringe Zahl Ihrer Leser weit mehr interessieren als Ihre bisherigen lveröffentlichten, angweiligen Bauchnabelschauen. [E-Mail von Norbert Rohde an den Autor, 02.03.2012, Alle Rechtschreibfehler im Orginaltext]

An Selbstvertrauen fehlt es dem Sender also weiterhin nicht. Erneut scheinen aber hellseherische Fähigkeiten im Spiel zu sein, da behauptet wird www.theismus.de verfüge über eine geringe Anzahl von Lesern. Da auf der Homepage kein Counter installiert ist bzw. keine Nutzerstatistiken veröffentlicht werden, kann jeder Leser für sich selbst entscheiden, was er von derartigem Vorgehen hält. Gleiches gilt für die Aussage, dass die bisherigen Beiträge für Leser uninteressant seien. Derartiges Verhalten ist der Autor dieses Artikels allerdings schon seit Jahren vom Schreiber des Leserbriefes Norbert Rohde gewohnt, weshalb an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen wird. Daher zum eigentlichen Leserbrief.

2.1 Die Ausbeutung der Erde
Auffällig ist, dass sich das Interview mit Heinrich Bedford-Strohm [1] über drei Seiten erstreckt, wohingegen im Leserbrief nur ein einziger Satz davon herausgegriffen wird. Dieser sei gleich zu Beginn einmal vollständig zitiert, da etwas entscheidendes daraus im Leserbrief unterschlagen wird:

Als es um unser Verhältnis zur Schöpfung ging. Lange Zeit dachten wir, der Mensch habe das Recht, sich der Natur zu bemächtigen. Theologie hat mithilfe der Ökologiebewegung herausgearbeitet, dass das, was in der Bibel Herrschaft über die Erde heißt, nichts anderes bedeutet als Pflege der Natur. Das Wort Herrscher ist im Alten Testament nie losgelöst von der Aufgabe des Königs, für die Schwachen zu sorgen und sie zu schützen. Das kann man auch auf die Natur übertragen. Herrschen über die Erde heißt Haushalten. [1]

Die wichtige Passage mit den Aufgaben des Königs wird im Leserbrief unterschlagen und direkt behauptet es gäbe keine biblischen Belege für Bedford-Strohms Aussage. Nimmt man Prof. Bedford-Strohms dagegen beim Wort bzw. ohne Auslassungen, ergibt sich daraus schon ein anderes Bild. Durch die Bibel zieht sich ein Bild, wie der „optimale“ König zu herrschen hat. Am besten beschreibt dies die Offenbarung:

1 Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr. (…) 3 Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen, und sie werden sein Volk sein; und er, Gott, wird bei ihnen sein. 4 Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. (Offb. 21:1,3)

Bei seinem ersten Kommen hat Jesus bereits Teile dieses Königtums angedeutet und entsprechende Zeichen getan (vgl. Mt 11,5, sowie sämtliche Heilungen und Totenerweckungen). Wichtig ist auch die stete Gleichsetzung des Königs mit dem guten Hirten (vgl. Joh. 10). Dennoch ist das nur die eine Seite dieses Herrschers. Denn eine weitere seiner Facetten ist die Eigenschaft des Richters [z.B. 2Kor 5,10]. Wer sich trotz all seiner Bemühungen dem Herrscher widersetzt, muss mit einem entsprechenden Richterspruch/Urteil rechnen. Somit haben alle Menschen (Ehr-)Furcht vor diesem Herren und bei denjenigen, die ein für sich negatives Urteil befürchten müssen, ist sicher auch Schrecken vor ihm ein Thema. Dabei handelt es sich bei diesem Herrscher eben nicht um einen ausbeutenden Tyrannen, sondern einen gerechten Richter.
Des Weiteren sei auch hier auf das Problem der Übersetzung angesprochen. Moderne Bibelkritik übersieht oft, dass der Bibel ein Jahrtausende alter Urtext zu Grunde liegt, der sich nicht immer exakt in unsere heutige Sprache übertragen lässt. Daher wird in [2] auf folgendes hingewiesen:

Was ist mit dem „untertan Machen“ und „Herrschen“ genau gemeint? Im Hebräischen stehen hier zwei Verben, kabasch und radah. kabasch heißt: „sich etwas unter die Füße nehmen“ und bezeichnet die Arbeit des Gärtners, der die Erde segensvoll bewirtschaftet. radah ist das Wort für das schützende und fürsorgliche Umherziehen des Hirten mit seiner Herde. (…) Der Mensch soll mit den Geschöpfen, die seinen Lebensraum teilen, schützend und fürsorglich umgehen. ([2], S. 2)

Betrachtet man die Sachlage also differenziert, existiert nicht zwangsweise ein Widerspruch zwischen der Aussage von Prof. Bedford-Strohm und dem Buch Genesis, sondern beides lässt sich ohne große Schwierigkeiten harmonisieren. Ebenso existieren weitere biblische Aussagen zu diesem Themenkomplex, welche das oben Geschriebene ergänzen:

Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte. (Gen 2:15)

Hier wird das Hüten explizit als Aufgabe des Menschen genannt. Auch heißt es in Offenbarung 11:18, dass Gott all jene verderben werde, welche die Erde verderben.

Allerdings versäumt es Bedford-Strohm seine Behauptung mit Argumenten und Beispielen zu untermauern, während Norbert Rohde gewohnt durch „geschicktes“ Zitieren auf Nebenschauplätze ausweicht, auf denen er meint sich sicherer fühlen zu können. Dass die Erde vom Menschen ausgebeutet wird, steht außer Frage, ebenso, dass dies natürlich alles andere als gut ist. Allerdings macht man es sich zu einfach, dieses Phänomen auf Genesis 1 zu schieben und zu behaupten: „Ohne Bibel gäbe es das nicht“ oder noch extremer „Ohne das Alte Testament würde keine Ausbeutung der Erde existieren“. Genau dies soll durch den Leserbrief aber suggeriert werden. Ein Blick auf unsere Erde genügt allerdings, um diese Aussage ad absurdum zu führen. Die fünf größten CO2-Produzenten sind momentan China, die USA, Indien, Russland und Japan. Hierbei sind lediglich die USA ein überwiegend christliches Land und könnten sich somit auf die Bibel berufen. Was ist mit den anderen vier? Auch die Ausbeutung des Menschen durch miserable Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne konzentriert sich wohl kaum auf christliche Länder. Hier gilt eben, was die Bibel so treffend feststellt:

Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. [Röm 3,23]

Es handeln also alle Menschen fehlerhaft, seien sie Christ, Muslim, Atheist oder etwas anderes. Bei der Ausbeutung der Natur geht es nicht um die Erfüllung eines göttlichen Gebotes (selbst wenn die entsprechende Passage im Buch Genesis so gemeint gewesen wäre), sondern es geht um Gewinnmaximierung und ein möglichst schönes Leben für die Ausbeuter. An dieser Tatsache kann man nichts drehen, auch wenn es Herr Rohde hier versucht und vor der Realität die Augen zu verschließen scheint. Einen Vorwand wird der Mensch dagegen immer vorschieben können. Natürlich ist es möglich zu behaupten „Gott hat es uns im AT befohlen“ oder ebenso „Für das Wohl des Kollektivs muss es so sein“, doch der wirkliche Grund wird stets derselbe sein.

2.2 Stilmittel ignoriert
Im weiteren Verlauf des Leserbriefes folgt eine Auflistung von Bibelstellen, anhand derer ein grausamer Gott belegt werden soll. Besonders interessant sind dabei die beiden Stellen aus dem NT, nämlich Lukas 14:26 und Matthäus 10:35. Diese zieht Herr Rohde des Öfteren heran, um die Grausamkeit der Bibel und vor allem des Neuen Testaments zu belegen. Dass diese Stellen dabei uminterpretiert und verdreht werden müssen, stört wohl eher weniger. Allerdings wurde auf diesen Sachverhalt schon vor rund drei Jahren auf dieser Homepage aufmerksam gemacht [3]. Dem Leser sei daher an dieser Stelle die Lektüre von [3] nahegelegt. Das Fazit des angesprochenen Artikels ist: Jesus redet in Gleichnissen, Bildern, Metaphern und nutzt auch ansonsten immer wieder sprachliche Stilmittel wie Hyperbeln, Chiasmen oder Antithesen, um das von ihm Gesagte besonders Einprägsam für seine Zuhörer zu gestalten. Hier ein Portrait von Jesus mit dem blutigen Schwert in der Hand auszumalen, geht an der Aussageabsicht des biblischen Textes vollkommen vorbei, was bei genauem Lesen und Reflektieren der Passagen auffällt.

2.3 Fressen und Gefressen werden
Ein bemerkenswertes Zitat aus dem Leserbrief ist folgendes:

Sehr geehrter Herr Heinrich Bedford-Strohm, Sie fordern von ihren Gläubigen: „Leben sie im Hier und im Jetzt.“ Doch was verstehen Sie unter „Hier und Jetzt“?

Wieso Herr Rohde die Frage stellt, was Bedford-Strohm unter dem Hier und Jetzt versteht erschließt sich nicht. Soweit es von außen erkennbar ist, sind sich die beiden Herren darüber einig, dass damit eben unsere aktuelle Zeit im Jahr 2012 (bzw. während der Verfassungszeit des Briefes 2011) gemeint ist. Doch eben genau dieser Sachverhalt bereitet Rohdes Argumentation Probleme. So plastisch er auch die Gnadenlosigkeit im Tierreich darstellt, vor allem am Beispiel der Schlupfwespen (Ichneumonidae), so wenig hat dies etwas mit der Aussage von Herrn Bedford-Strohm zu tun, dass Theologie zusammen mit der Ökologiebewegung die wirkliche Bedeutung von Genesis 1 herausgearbeitet habe. Aber selbst, wenn das Themengebiet des Fressens und Gefressen Werdens Teil des Zeit-Interviews gewesen wäre, können die Aussagen von Rohde nicht überzeugen. Niemand bezweifelt, wie es heute im Tierreich zugeht, dass eine Nahrungskette existiert, dass die Fleischfresser andere Tiere jagen und zerlegen, dass Schlupfwespenlarven ihre Wirtstiere töten. Allerdings muss auch hier eine falsche Übersetzung von Charles Darwin herhalten, um das Bild noch drastischer wirken zu lassen. Dass die bekannte Erkenntnis survival of the fittest im Sinne der Evolutionstheorie und auch der Beschreibung der Realität korrekterweise mit Überleben des am besten Angepassten übersetzt werden sollte, wird im Leserbrief gekonnt ignoriert. Rhetorisch mag es geschickt sein, doch aus biologischer Sicht ist es falsch. Dennoch: Die entscheidende Frage ist nicht, wie es heute ist, sondern wie es ursprünglich war. Die Erde, wie wir sie heute erleben, ist nicht mehr das, was Gott als „gut“ bezeichnete, sie ist nicht mehr das Paradies, nachdem sich die Menschheit seitdem sehnt. Dass sie Welt nach dem Sündenfall dem Zerfall anheimfiel und sich somit vollkommen veränderte wird in der Bibel klar gesagt.

19 Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes. 20 Die Schöpfung ist der Vergänglichkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat; aber zugleich gab er ihr Hoffnung: 21 Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes. 22 Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt. 23 Aber auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden. (Röm 8:19-23)

Doch nicht nur mit dem Sündenfall verändert sich das Angesicht der Erde deutlich, auch nach der Sintflut tritt ein großer Wandel ein, indem den Menschen ab diesem Zeitpunkt auch der Verzehr von Fleisch erlaubt wird (Gen 9;3).

Somit besteht kein Widerspruch zwischen den Schilderungen der Bibel und der vorgefundenen Wirklichkeit. Diese Realität ist im Gegenteil sogar zu erwarten. Das Paradies hat sich die Menschheit verwirkt und hofft nun wie der Rest der Schöpfung darauf, dass es eines Tages zurückkehrt. Eben genau diese Hoffnung bewahrten die Autoren der Bibel in Bildern wie:

Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. (Jes 11,6)

Selbst die angeblich so rückständigen Menschen, die Jahrhunderte vor Christus lebten, waren sich der Tatsache bewusst, dass die Welt wie sie jetzt ist, nicht das Paradies des Garten Eden ist und die Bibel dies auch an keiner Stelle behauptet. Wollen wir heute diese Erkenntnis negieren und fälschlicherweise so tun, als sei etwas anderes der Fall? Was hätten wir davon?

2.4 Keine Komplexität des Lebens
Wie undifferenziert und einseitig Herr Rohde die Welt betrachtet, kommt vor allem auch in folgender Aussage zum Tragen:

Die Evolution kennt das Konzept der Perfektion ebenso wenig wie das der Komplexität. Beides entsteht erst im Auge des Betrachters.

Während man unter Evolutionstheoretikern wohl tatsächlich wenige finden wird, die von Perfektion sprechen würden, geht es dennoch vollkommen an der Wirklichkeit vorbei, der Natur Komplexität abstreiten zu wollen. Ein Streit, der seit vielen Jahren zwischen Evolutionsanhängern und Intelligent Design Theoretikern schwelt, geht um die Frage, ob die Komplexität, die wir in der Natur vorfinden irreduzibel ist oder nicht (vgl. zu einer Darstellung des Arguments [4]), doch dass die Natur unabhängig von dieser Diskussion sicher nicht einfach gestrickt oder einfach sei, ist ein ganz anderer Punkt. Obwohl darüber gestritten wird, ob z.B. das Blutgerinnungssystem des Menschen ([4], S.74-98) in einem Schritt hätte entstehen müssen oder auch über einzelne Zwischenstufen hätte laufen können, so ändert es nichts an der Tatsache, dass es sich um ein extrem komplexes System handelt, bei dem verschiedene Teile abgestimmt aufeinander miteinander kooperieren müssen. Wenn die Systeme, die wir in der Natur vorfinden, wirklich nur Flickenschusterei und voller Fehler sind, wieso gibt es dann ganze Forschungszweige, die versuchen diverse Eigenschaften der Lebewesen auch nur mit annäherndem Funktionsumfang zu kopieren? Warum haben wir bis heute z.B. keinen Datenspeicher, der eine ähnliche hohe Informationsdichte bieten kann die wie DNS? Sicher nicht, weil auf dieser Schiene nicht geforscht werden würde mit dem Argument „Das hat jemand entworfen, der seinen Job miserabel gemacht hat“, sondern weil das ganze System dermaßen kompliziert ist, dass ein einfacher Nachbau selbst mit heutigen technischen Errungenschaften nicht möglich ist. Gleiches gilt für das System der Photosynthese. Viele Dinge, die man noch vor einigen Jahren, als klare Designfehler angeprangert hat, stellen sich bei näherer Untersuchung als das genaue Gegenteil heraus. Von den vielen angeblich rudimentären Organen/Teilen des Menschen, bleiben nach weiterer Forschung nicht mehr allzu viele übrig. Das Steißbein und der Blinddarm seien hier an erster Stelle als Beispiele für geglaubte Funktionslosigkeit genannt. Der Versuch die Natur also im Sinne der eigenen Ideologie Simplifizieren zu wollen, muss daher scheitern. Dass etwas nicht perfekt ist (wobei hierbei immer noch im Umkehrschluss gezeigt werden muss, wie es besser oder gar optimal ginge), kann andererseits ebenfalls mittels Zerfall ehemals besserer Systeme erklärt werden. Denn auch hier behauptet die Bibel nicht, dass noch alles so sei, wie es zum Zeitpunkt der Schöpfung gewesen ist.
Dies gilt in analoger Weise für das Erbgut. Die auftretenden, genetisch bedingten Krankheiten wird ebenfalls niemand leugnen. Die Frage ist nur woher sie kommen und ob sie ursprünglich sind. Dies wird zwar von einigen Genen einer Bakterie behauptet, doch es fehlt jeglicher Literaturverweis, um derartiges nachprüfen zu können. Somit kann dies nicht näher diskutiert werden, denn ein entsprechender wissenschaftlicher Artikel, ist dem Autor dieses Textes nicht bekannt. Allerdings wird niemand behaupten können, dass z.B. die genetischen Ursachen für das Lesch-Nyhan-Syndrom bereits in der ersten Zelle vorhanden gewesen seien. Wie bei vielen anderen Missbildungen reichen wenige (oder gar eine einzige) Mutation im Ergut aus, um ein Lebewesen gesundheitlich massiv zu schädigen. Auch das bestreitet niemand. Doch auch hier gilt: Auch genetische Fehlfunktion ist eine Zerfallserscheinung. Rohde widerlegt sich hier dagegen selbst: Das komplette Vererbungssystem ist so komplex, dass bereits eine einzige Mutationen in Millionen von Basenpaaren ausreicht, um für das Lebewesen letal zu sein. Die Beschreibung des Syndroms fällt wie bei den Schlupfwespen sehr ausführlich aus, mit der selben rhetorischen Absicht: Schildere etwas Schreckliches -> Bringe es mit der Bibel in Verbindung -> Hoffe darauf, dass beim Leser die gedankliche Verknüpfung: „Bibel = schrecklich“ entsteht. Dieses Vorgehen ist natürlich sehr fraglich, vor allem aus der Sicht der Betroffenen des Lesch-Nyhan-Syndroms gesehen. Sicherlich ist es auf der einen Seite begrüßenswert über diese kaum bekannte Krankheit zu informieren, der Kontext und die Absicht mit der dies geschieht ist dagegen unangemessen. Wie mag sich wohl nach dem Lesen des Briefes eine Christin fühlen, die vom Lesch-Nyhan-Syndrom betroffen ist?

2.5 Gebt den Menschen Allmacht!
Liest man dann Aussagen wie:

Ist es nicht bemerkenswert, dass Menschen zu Ihren Kindern weit gütiger und liebenswerter sein können als der biblische Jahwe? Ist es nicht bemerkenswert, dass Menschen – wenn sie allmächtig wären – die Welt humaner, gerechter und freudvoller gestaltet hätten als der biblische Jahwe?

fühlt man sich beinahe wie in einen falschen Film versetzt. Aber genau hieran zeigt sich auch, wie gefährlich es für die Menschheit ist, die Aussagen der Bibel zu ignorieren und sich ein eigenes, neues Weltbild zu erschaffen. Man denke nur einmal zurück, wie viele schlechte Taten gerade die mächtigsten Menschen der Welt begangen haben, seien dies ein Josef Stalin, ein Kim Jong-il, ein Adolf Hitler oder ein Saddam Hussein. Stets zeigte sich in diesen Menschen am deutlichsten, was die Bibel lehrt: Der Mensch ist schwach, jeder Mensch ist Sünder. Viel realistischer als diese Vision seitens Norbert Rohde sind daher das Alte und das Neue Testament. Selbst die großen Könige David und Salomo waren voll von Fehlern und charakterlichen Schwächen, welche die Bibel schonungslos offen legt. Mose selbst war ein Mörder und Petrus verleugnete Jesus mehrfach und floh, wie die anderen Jünger außer Johannes, von Feigheit ergriffen vor der Kreuzigung. Die Bibel hat hier also ein deutlich wirklichkeitsgetreueres Bild des Menschengeschlechtes als viele unserer „aufgeklärten“ Zeitgenossen. Es kann daher nur festgehalten werden: „GOTT SEI DANK, gibt es keinen allmächtigen Menschen“, denn dann wäre das Ende nicht mehr weit.
Die Aussage im letzten Absatz des Briefes, dass Gott sich keine perfekte Welt vorstellen könne, der Mensch dagegen schon, bläst ins selbe Horn. Dabei wird das biblische Weltbild aber, wie in dem Brief so oft, schlicht auf den einfach auf den Kopf gedreht, indem biblische Schöpfung, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einen Topf geworfen und kräftig umgerührt werden. Dass das daraus resultierende Ergebnis nicht wirklich genießbar sein wird, versteht sich dagegen von Vornherein von selbst.

3. Fazit
Was bleibt nun am Ende noch zu sagen? Wohl nicht wirklich viel. Der Brief zeigt wohl vor allem, wie sich der Mensch eine eigene Phantasiewelt kreieren kann, die irgendwann mit der Wirklichkeit verschmilzt, ohne dass er diese Verschmelzung realisiert. Wenn eine der Aussagen des so genannten „Neuen Atheismus“ wirklich ist, dass ein allmächtiger Mensch die Lösung für die Probleme der Welt ist, dann bin ich nur ein weiteres dafür dankbar Christ sein zu dürfen.
Ich hoffe, dass mit dem Brief nun auch endlich ein nicht langweiliger Text den Weg auf meine unbekannte Homepage gefunden hat.

Quellen
[1] http://www.zeit.de/2011/14/Interview-Bedford-Strohm
[2] http://www.kirchengemeinde-neuweiler.de/fileadmin/mediapool/gemeinden/KG_neuweiler/Biblische_Grundlagen_zur_Bewahrung_der_Schoepfung_und_zum_Klimaschutz.pdf
[3] http://www.theismus.de/?p=36
[4] Michael Behe, Darwins Black Box, 1996

Schreibe einen Kommentar