Die zehn sieben Plagen?

Einleitung
Auch dieser kurze Text soll sich mit einem Artikel von www.bibelkritik.ch [1] beschäftigen. Dieser hebt sich erneut dadurch hervor, dass zum einen Bibelstellen aus dem Zusammenhang gerissen werden und zum anderen biblische Verse gegeneinander ausgespielt wurden. Dies soll nachfolgend untersucht und gezeigt werden.

Sieben oder zehn Plagen?
Eine Aussage von bibelkritik.ch ist:

Das beginnt schon mit der Anzahl edr angeblichen Katastrophen. Nach 2. Mose sollen es zehn, nach Psalm 105, 26-36 nur sieben gewesen sein. Was ist nun richtig?

Widersprechen sich die Psalmen und das Buch Exodus? Nein. Das 2. Buch Mose beschreibt chronologisch die Geschehnisse, die sich vor dem Auszug der Israeliten aus Ägypten zugetragen haben. Das Buch der Psalmen gibt dagegen nur einen kurzen Abriss über die Ereignisse:

26 Dann sandte er Mose, seinen Knecht, und Aaron, den Gott sich erwählte. 27 Sie wirkten unter ihnen seine Zeichen, im Lande Hams seine Wunder. 28 Er sandte Finsternis, da wurde es dunkel; doch achteten sie nicht auf sein Wort. 29 Er verwandelte ihre Gewässer in Blut und ließ ihre Fische sterben. 30 Ihr Land wimmelte von Fröschen bis hinein in den Palast des Königs. 31 Er gebot, da kamen Schwärme von Fliegen und von Stechmücken über das ganze Gebiet. 32 Er schickte ihnen Hagel statt Regen, flammendes Feuer auf ihr Land. 33 Er zerschlug ihnen Weinstock und Feigenbaum und knickte in ihrem Gebiet die Bäume um. 34 Er gebot, da kamen Schwärme von Grillen und Wanderheuschrecken in gewaltiger Zahl. 35 Sie fraßen alles Grün in ihrem Land, sie fraßen die Frucht ihrer Felder. 36 Er erschlug im Land jede Erstgeburt, die ganze Blüte der Jugend. (Psalm 105, 26-36)

Nirgendwo in diesem Abschnitt taucht eine Nummerierung oder ein zeitlicher Ablauf der Plagen auf. Auch ein Anspruch auf Vollständigkeit wird zu keiner Zeit erhoben. Die Psalmen greifen nur kurz die Ereignisse des Exodus auf, ohne sie vollständig nachzuerzählen. Wozu auch? Es gab also laut Bibel zehn Plagen, die sich in der Reihenfolge ereigneten, wie sie im 2. Buch Mose aufgeschrieben wurden. Hier wurde erneut ein angeblicher Widerspruch künstlich aufgebaut.

Misshandlung von totem Tier?
Zweite fragwürdige Aussage von bibelkritik.ch ist, dass Gott mit der fünften Plage sämtliches Vieh der Ägypter getötet hätte, aber anschließend trotzdem noch Blattern, Hagel und Tod der Erstgeburt über das bereits verendete Vieh gebracht hätte und dadurch so etwas wie „Leichenschändung“ betreibt:

So geht es weiter und noch in der siebten (oder fünften?) Plage wird alles x-mal getötete Vieh noch von Gott persönlich niedergemetzelt. [1]

Die unsachliche Wortwahl ( x-mal getötete Vieh / niedergemetzelt) lässt nebenbei gesagt, den Titel der Homepage: „Objektive Bibelkritik nach Johannes Maria Lehner“ zu blankem Hohn verkommen. Doch was sagt die Bibel eigentlich wirklich? Dort ist zu lesen:

1 Wieder sprach der Herr zu Mose: Geh zum Pharao und sag zu ihm: So spricht Jahwe, der Gott der Hebräer: Lass mein Volk ziehen, damit sie mich verehren können. 2 Wenn du dich weigerst, sie ziehen zu lassen, und sie immer noch festhältst, 3 wird die Hand Jahwes dein Vieh auf dem Feld, die Pferde und Esel, die Kamele und Rinder, die Schafe und Ziegen, überfallen und über sie eine sehr schwere Seuche bringen. 4 Aber Jahwe wird einen Unterschied zwischen dem Vieh Israels und dem Vieh der Ägypter machen; nichts von dem, was den Israeliten gehört, wird eingehen. 5 Auch den Zeitpunkt hat Jahwe schon festgesetzt: Morgen wird Jahwe das im Lande tun. 6 Am folgenden Tag tat es der Herr. Alles Vieh der Ägypter ging ein, vom Vieh der Israeliten aber ging kein einziges Stück ein. (2. Mose 9, 1-6)

Die Plage betrifft also die Tiere, welche sich auf dem Feld bzw. der Weide befinden. Diejenigen in den Ställen bleiben verschont. Diese Einschränkung trifft auch auf die Hagelplage zu:

25 Der Hagel erschlug in ganz Ägypten alles, was auf dem Feld war. Menschen, Vieh und alle Feldpflanzen erschlug der Hagel und alle Feldbäume zerbrach er. (2. Mose 9,25)

Erst die letzte Plage, der Tod der Erstgeburt, ereilt dann auch die Tiere im Stall. Somit liegt hier kein Problem vor. Es fällt allerdings wieder auf, dass

  1. die Bibel nicht sorgfältig gelesen wurde, denn dann hätte sich diese Schwierigkeit garnicht erst aufgetan.
  2. dem Schreiber des Textes in gewissem Sinne Dummheit unterstellt wird, denn auch ihm ist sicher klar gewesen, dass man totes Vieh nicht nochmals töten kann oder braucht.

Keine Aufzeichnungen = unhistorisch?
Zweimal findet sich im bibelkritik-Text der Hinweis darauf, dass man über die in der Bibel geschilderten Plagen keine anderen schriftlichen Quellen hätte. Hierzu sei angemerkt, dass die Zeugnisse, die uns die Vergangenheit überlässt immer lückenhaft bleiben werden. Die Abwesenheit eines Hinweises ist daher keineswegs ein Beweis für das Nichtstattfinden eines gewissen Ereignisses. Dennoch hat es zum Beispiel der Ägyptologe Prof. K. A. Kitchen unternommen archäologisches Material [2] zusammen zu tragen, das sich im Rahmen der biblischen Berichte über die zehn Plagen deuten lässt, bzw. weiteres Wissenswertes dazu aussagen kann. So lassen sich die ersten neun Plagen durchaus als unmittelbare oder sich gegenseitig bedingende Folgen einer drastischen Nilüberschwemmung erklären. Diese sind im Verlauf der Geschichte Ägyptens mehrfach aufgezeichnet worden. Unter anderem wird eine ägyptische Quelle mit

See, the River (Nile) is blood, one shrinks from (other) poeple, and thirsts for water. ([2], S. 252)

zitiert. Auch Insektenplagen und Seuchen kamen im Nildelta durchaus vor. Die Behauptung

Nur: Keine ägyptische Quelle weiß etwas von Katastrophen dieser oder ähnlicher Art. [1]

kann daher zurückgewiesen werden.

Fazit
Auch hier liegt wohl ein Artikel vor, dem es schon von vornherein nicht um eine objektive Darstellung ging, sondern der eine von Anfang an vorgefasste Meinung bestätigten sollte. Dies gelingt allerdings nur bei Vernachlässigung von genauem Lesen und der Konstruktion von Widersprüchen.

Quellen
[1] http://www.bibelkritik.ch/jesus/f2.htm
[2] „On the Reliability of the Old Testament“, K. A. Kitchen, B- Eerdmans Publishing, Paperback Edition 2006, S. 249-254

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