Kutscheras theologische Abwege

Wie in meinem Kommentar zu Kutscheras „Tatsache Evolution“ gezeigt, begibt sich Ulrich Kutschera in seinem Buch des Öfteren auf theologisches Glatteis, sprich auf ein Gebiet, von dem er nicht allzu viel Ahnung besitzt. Dass dem nicht nur dort so ist, stellt er aber bereits schon in seinem 2004 erschienenen Werk Streitpunkt Evolution zur Schau. Dort listet er auf S. 99 diverse Dogmen/Aussagen ein, welche von der Katholischen Kirche im Laufe der Zeit erlassen/getätigt wurden. Unter anderem taucht in der Liste auf: 1854 Unbefleckte Empfängnis gefolgt von (Junferngeburt) [Rechtschreibfehler im Orginal]. Hier unterliegt Kutschera allerdings einem weit verbreiteten Irrtum: Das Dogma von Marias Unbefleckter Empfängnis hat mit der jungfräulichen Geburt von Jesus rein garnichts zu tun. Es besagt, dass Maria von Geburt an von der Erbsünde bewahrt wurde. Im orginalen Wortlaut der päpstlichen Bulle liest sich das folgendermaßen:

(…) Und zweifellos hat ja Maria der Schlange das giftige Haupt zertreten. Und so sagen wiederum die heiligen Väter, daß die allerseligste Jungfrau durch die Gnade von aller Sündenmakel rein bewahrt geblieben sei, frei von aller Ansteckung des Leibes, der Seele und des Verstandes, immer mit Gott vereint, durch ein ewiges Bündnis mit ihm verbunden, niemals in der Finsternis, sondern immer im Lichte; dadurch aber wurde sie zu einer würdigen Wohnung für Christus, nicht so sehr wegen der Beschaffenheit ihres Leibes, als vielmehr wegen dieser einzigartigen Gnade ihres Ursprungs. (Pius IX, INEFFABILIS DEUS [1])

Es stellt sich daher die Frage, ob man sich als Autor nicht die Mühe machen sollte, sich erstmal selbst über das Christentum bzw. in diesem Fall speziell den Katholizismus zu informieren, bevor man es sich zur Aufgabe setzt, seinen Leser über derartige Themen „informieren“ zu wollen.

Quellen
[1] http://www.stjosef.at/dokumente/ineffabilis_deus_1854.htm

Wie Gott Jakob für einen Massenmord belohnt

Einleitung
Durch eine E-Mail wurde ich von jemanden auf eine pdf mit dem Titel „Die grausame Bibel“ aufmerksam gemacht. Sie kann als Dateianhang in einem Internetforum nach einer Registrierung heruntergeladen werden. Da die Urheberrechte nicht geklärt sind, wird hier kein seperater Download der Datei angeboten. In der angesprochenen E-Mail wurde gefragt, ob man die Aussagen des Dokumentes genauer untersuchen und diskutieren sollte. Da der Text fast 100 Seiten umfasst ist eine erschöpfende Diskussion aus Zeitgründen nicht möglich. Diese ist nach Ansicht des Autors allerdings auch nicht nötig, das sich „Die grausame Bibel“ durch ihr Vorgehen selbst als Diskussionsgrundlage disqualifiziert. Dies soll exemplarisch an einem kurzen Textausschnitt veranschaulicht werden. Ein Großteil des Textes begnügt sich damit biblische Geschehnisse zusammen zu fassen und zu „kommentieren“. Allerdings wurden in diese Zusammenfassungen schon Fehler integriert, die es nachher erleichtern eine vernichtende Kritik am entsprechenden Bibelabschnitt zu üben. In diesem Artikel soll der Textausschnitt aus dem Dokument besprochen werden, der sich mit der Bibelpassage 1. Mose 33-35 beschäftigt und mit den wirklichen Aussagen der Bibel (1. Mose 33-35) verglichen werden. Er findet sich im pdf-Dokument auf S. 16 bzw. 17.

Falsche Aussagen
Gehen wir den Text aus „Die grausame Bibel“ Schritt für Schritt durch:

Jakob war mit seinem Gefolge aber noch lange nicht am Ziel. Sie waren erst in der Gegend von Sichem. Dort schlugen sie ein Nachtlager auf.

Hier findet sich bereits ein erster Fehler (der allerdings für die Gesamtaussage unwichtig ist): Jakob bleibt mit seinem Gefolge dort länger als nur eine Nacht, denn er erwirbt sich das Grundstück auf dem sie ihr Lager aufschlagen sogar:

18 Jakob gelangte, als er aus Paddan-Aram kam, wohlbehalten bis Sichem in Kanaan und schlug vor der Stadt sein Lager auf. 19 Das Grundstück, auf dem er sein Zelt aufspannte, erwarb er von den Söhnen Hamors, des Vaters von Sichem, für hundert Kesita. 20 Dort errichtete er einen Altar und nannte ihn: Gott, der Gott Israels. (1. Mose 33)

Größere Verdrehungen des biblischen Inhalts finden sich in den darauffolgenden Sätzen:

Leas Tochter Dina, ein frühreifes Mädchen, ging ein bißchen flanieren. Sie wackelte mit den Hüften. Sie brauchte ja nicht zu hinken wie ihr Vater. Und sie ließ auch eine Menge Bein sehen. Und die jungen Leute der Stadt entdeckten bald diesen steilen Zahn. Darunter war auch der Sohn des Hemor, der, wie die Stadt, Sichem hieß. Er stieg dem Mädchen nach, und sie waren sich bald einig, die Zweisamkeit hinter einem Busch zu suchen. Es war, wie Liebe auf den ersten Blick. Soweit, so gut. Aber, dachte das Mädchen danach, was wirst du jetzt von mir denken? Und erst meine Familie! Sie sagte deshalb ganz einfach, sie sei vergewaltigt worden

denn im Alten Testament steht:

1 Dina, die Tochter, die Lea Jakob geboren hatte, ging aus, um sich die Töchter des Landes anzusehen. 2 Sichem, der Sohn des Hiwiters Hamor, des Landesfürsten, erblickte sie; er ergriff sie, legte sich zu ihr und vergewaltigte sie. 3 Er fasste Zuneigung zu Dina, der Tochter Jakobs, er liebte das Mädchen und redete ihm gut zu. (1. Mose 34)

Es steht dort also weder etwas von Leas Alter, ihrem Reifegrad, noch von ihrem Erscheinungsbild. Auch geht aus dem Text klar hervor, dass von Einigkeit keine Rede sein kann. Es ist hier von Anfang an von einer Verwaltigung die Rede. Dina denkt sich also nicht aus um ihren Ruf zu schützen. Von einem Busch ist nebenbei bemerkt auch nirgendwo die Rede.

Weiter geht es dann in „Die graumsame Bibel“ mit:

Auch der junge Sichem hatte seinem Vater alles gestanden und, daß er dieses Mädchen und kein anderes zur Frau haben wolle. Darauf machte sich der Vater auf den Weg zum Lager des Jakob und klärte ihn über die Lage auf. Zwar runzelte der Jakob erst einmal die Stirn. Aber er witterte ein gutes Geschäft. Jakob stellte deshalb Bedingungen, von denen er hoffte, daß sie nicht angenommen würden. Er verlangte, daß alle Männer der ganzen Stadt Sichem sich beschneiden
lassen sollten, um dadurch die ehrliche Verbundenheit zu bezeugen.

und auch hier dauert es nicht lange, bis sich die Widersprüche zum biblischen Text auftun. Denn es ist nicht Jakob, der die Beschneidung aller Männer vorschlägt, sondern es sind seine Söhne:

13 Die Söhne Jakobs gaben Sichem und seinem Vater Hamor, als sie die Verhandlungen aufnahmen, eine hinterhältige Antwort, weil er ihre Schwester entehrt hatte. 14 Sie sagten zu ihnen: Wir können uns nicht darauf einlassen, unsere Schwester einem Unbeschnittenen zu geben; denn das gilt bei uns als Schande. 15 Nur unter der Bedingung gehen wir auf euren Vorschlag ein, dass ihr euch uns anpasst und alle männlichen Personen beschneiden lasst. (1. Mose 34)

Also konnte Jakob gar kein Geschäft wittern. Aber auch seine Söhne tun das nicht. Derjenige, der sich einen Vorteil aus der ganzen Sache erhofft ist Hamor selbst! Denn dieser spricht zu den Bewohnern, um sie von der Beschneidung zu überzeugen:

22 Allerdings wollen die Männer bloß unter der Bedingung auf unseren Vorschlag eingehen, mit uns zusammen zu wohnen und ein einziges Volk zu werden, dass sich bei uns alle Männer beschneiden lassen, so wie sie beschnitten sind. 23 Ihre Herden, ihr Besitz, ihr Vieh, könnte das nicht alles uns gehören? Gehen wir also auf ihren Vorschlag ein, dann werden sie bei uns bleiben. (1. Mose 34)

Also wurde auch hier die biblische Aussage vollkommen verdreht. Dies wird auch im nächsten Abschnitt nicht besser:

Alle männlichen Bewohner Sichems kamen zur großen Beschneidung ins Lager der Jakobiner, und es wurde für die einen lustig und für die andern schmerzlich drauflos geschnibbelt. Als am dritten Tag die Schmerzen am größten waren und sich keiner der Männer rühren konnte, fielen Jakob und seine Söhne Simeon und Levi mit ihren Schwertern über die friedliche Stadt her, ermordeten alles, was männlich war, auch Sichem und seinen Vater und nahmen ihre Dina wieder mit. Danach „durchsuchten“ Jakob und seine Bande die Leichen der Erschlagenen und plünderten die ganze Stadt.

Die Fehler dieses Abschnittes werden beim Lesen der Passage aus dem Buch Genesis offensichtlich:

25 Am dritten Tag aber, als sie an Wundfieber litten, griffen zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, die Brüder Dinas, zum Schwert, überfielen ungefährdet die Stadt und brachten alles Männliche um. 26 Hamor und seinen Sohn Sichem machten sie mit dem Schwert nieder, holten Dina aus dem Hause Sichems und gingen davon. 27 Dann machten sich die Söhne Jakobs über die Erschlagenen her und plünderten die Stadt, weil man ihre Schwester entehrt hatte.

Nirgendwo ist die Rede davon, dass Jakob mit seinen Söhnen einfiel oder es ihnen zumindest befiehlt. Er selbst erfährt von diesem Ereignis erst im Nachhinein und reagiert schockiert:

30 Jakob sagte darauf zu Simeon und Levi: Ihr stürzt mich ins Unglück. Ihr habt mich in Verruf gebracht bei den Bewohnern des Landes, den Kanaanitern und Perisitern. Meine Männer kann man an den Fingern abzählen. Jene werden sich gegen mich zusammentun und mich niedermachen. Dann ist es vorbei mit mir und meinem Haus.

Jakob selbst hatte also nie vorgehabt die Stadt zu überfallen. Seine Söhne rügt er für diese Tat, der er offensichtlich nicht zustimmt. Aber „Die grausame Bibel“ begnügt sich nicht damit Jakob Zustimmung zu diesem Verbrechen zu unterstellen, sondern versucht es so hinzustellen, dass Gott selbst Gefallen daran gefunden habe:

Nach dieser frommen Tat erschien der HERR dem Jakob schon wieder und versicherte, daß er jetzt endgültig den Namen Israel verdient und sich so hinfort zu nennen habe.

Dieser Satz erweckt den Eindruck, dass Gott Jakob wegen der Handlungen bei Sichem segnen würde. Doch dies entspricht nicht der Wahrheit. Denn zwischen dem erneuten Segen, der in 1. Mose 35,9 beschrieben wird, und Sichem liegen einige weitere Handlungen (unter anderem der Bau eines Altares), was sich bei der Lektüre von 1. Mose 35,1-8 feststellen lässt. Dass Gott den Überfall gut heißt, der von Jakobs Söhnen begangen wurde, wird an keiner Stelle angedeutet, geschweige denn behauptet.

Fazit
Sicherlich ist klar, dass man durch das Herausgreifen einer einzigen Passage kein über 90 seitiges Dokument angreifen oder gar widerlegen kann. Es sollte hier lediglich exemplarisch gezeigt werden, wie dort mit der Bibel umgegangen wird. Der Leser sei eingeladen, sich durch Lektüre von „Die grausame Bibel“ und den entsprechenden Passagen in der Bibel selbst davon zu überzeugen, dass die hier beschriebene Vorgehensweise nicht nur in Bezug auf 1. Mose 33-35 verwendet wurde, sondern sich durch weite Teile des Textes zieht. So betreibt man sicherlich keine sachliche Religionskritik.

Vegetarier oder nicht. Ist das hier die Frage?

Im Abschnitt „Vegetarismus: Widersprüchliches und Irrtümer“ werden im Lexikon der biblischen Irrtümer einige Behauptungen aufgestellt, die im Folgenden dargelegt und kritisch analysiert werden sollen.

Zum einen wird Gott unterstellt, er gebe den Menschen widersprüchliche Anweisungen (S. 149). So sagt Gott zu Adam und Eva in Genesis 1,29:

29 Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen. (Gen 1)

zum anderen spricht er zu Noach und seinen Söhnen folgendes:

3 Alles Lebendige, das sich regt, soll euch zur Nahrung dienen. Alles übergebe ich euch wie die grünen Pflanzen. (Gen 9)

Also wie es das Lexikon behauptet „widersprüchlich“ bzw „teilweise unverständlich“ (S. 149)? Wohl kaum. Gott behauptet an keiner Stelle, dass seine erste Anweisung sich vegetarisch zu ernähren für alle Ewigkeit bestehen soll und unabänderlich wäre. Die vegetarische Ernährungsweise, die Gott Adam und Eva im Garten Eden auferlegt, ist nachvollziehbar, weil der Tod kein Bestandteil der ursprünglichen Schöpfung war. Da mit dem Sündenfall der Tod in der Welt Einzug hielt, konnte später allerdings auch der Verzehr von Tieren erlaubt werden. Ein Widerspruch ist das allerdings nicht.

Des Weiteren ist im Lexikon zu lesen:

Hasenbraten ist verboten, sagt die Bibel, angeblich weil der Hase ein Wiederkäuer ist, aber keine durchgespaltenen Klauen hat. Falsch: Der Hase ist kein Wiederkäuer. (S. 150)

Dass dieser so alte angebliche Widerspruch in der Bibel auch in einem Buch von 2003 nochmals im wahrsten Sinne des Wortes wiedergekaut wird ist bemerkenswert. Denn über ihn wurde schon soviel geschrieben und diskutiert, dass er eigentlich ad acta gelegt gehört. Da er scheinbar immer noch nicht aus der Welt zu sein scheint, seien hier nochmals kurz die wichtigsten Aussagen von Verteidigern der Bibel zu diesem Thema zusammengefasst.
Zuallererst sei festgestellt, dass die Bibel kein naturwissenschaftliches Buch ist und sie somit nicht im Fachjargon eines Biologen, sondern in der Alltagssprache der Menschen der damaligen Zeit verfasst wurde. Der Begriff Wiederkäuer wie wir ihn heute kennen existierte zur damaligen Zeit garnicht. Er wurde erst viel später definiert. Der in der Bibel erwähnte Wiederkäuer ist daher also vielmehr ein Tier, dass seine Nahrung mehrfach verdaut. Dies trifft auf den Hasen durchaus zu. Dieser schluckt einen Teil seiner Ausscheidungen ungekaut herunter und verdaut sie ein weiteres mal. Dieses Verfahren ist dem eines „tatsächlichen“ Wiederkäuers sehr ähnlich. Den Hasen also auf Grund dieser Beobachtung mit der Bezeichnung Wiederkäuer zu belegen ist daher durchaus nachvollziehbar und definitiv kein Widerspruch von Bibel und Naturwissenschaft. ([2],[3]). Aber das ist nicht alles, was das Lexikon bezüglich Hasen zu sagen hat. Es folgt:

Noch absurder wird es im fünften Buch Mose. Da heißt es: „Diese Tiere aber sollt ihr nicht essen unter denen die wiederkäuen und die gespaltene Klauen haben: das Kamel, den Hasen…“ Das ist gleich doppelt falsch: Der Hase ist kein Wiederkäuer und hat keine gespaltene Klaue. (S. 150)

Die Sache mit dem Wiederkäuer wurde bereits im obigen Abschnitt diskutiert. Jetzt zu der Frage, ob die Bibel dem Hasen wirklich gespaltene Klauen zuschreibt. Dazu seien verschiedene Übersetzungen von 5. Mose 14,7 betrachtet:

Diese Tiere aber sollt ihr nicht essen unter denen, die wiederkäuen und die gespaltene Klauen haben: das Kamel, den Hasen und den Klippdachs, die wiederkäuen, deren Klauen aber nicht ganz durchgespalten sind; darum sollen sie euch unrein sein. (Luther 1984)

Nur diese dürft ihr nicht essen von den wiederkäuenden und von denen, die mit gespaltenen und zwar aufgespaltenen Hufen versehen sind: das Kamel und den Hasen und den Klippdachs; denn sie käuen wieder, aber sie haben keine gespaltenen Hufe: unrein sollen sie für euch sein; (Rev. Elberfelder)

Von den Großtieren, die wiederkäuen oder ganz gespaltene Klauen haben, dürft ihr aber Folgende nicht essen: Kamel, Hase, Klippdachs. Sie sind zwar Wiederkäuer, haben aber keine gespaltenen Klauen. Sie sollen euch als unrein gelten. (Einheitsübersetzung)

Lässt die Lutherübersetzung noch ein Schlupfloch für die Deutung, dass Hasen hier gespaltene Klauen zu geschrieben werden, so geht aus Rev. Elberfelder und der Einheitsübersetzung hervor, dass nicht jedes Tier der folgenden Liste Wiederkäuer sein muss UND gespaltene Hufe hat, sondern zumindest eines von beidem. Auch sollte man bedenken, dass selbst wenn man davon ausgeht, die Bibel sei nicht Gotteswort man einem Schreiber, der ein derartiges Gesetzeswerk zu Stande bringt, soviel Intelligenz unterstellen darf, dass er nach der Beobachtung eines Hasen durchaus in der Lage ist zu wissen, dass dessen Klauen nicht gespalten sind. Mal davon abgesehen, dass dies in 3. Mose 11,6 auch ausdrücklich gesagt wird:

ihr sollt für unrein halten den Hasen, weil er zwar wiederkäut, aber keine gespaltenen Klauen hat;

Ein weiterer Punkt im Lexikon ist:

(…) und die Fledermaus wird als Vogel bezeichnet. Falsch: Die Fledermaus ist ein Säugetier. (S. 150)

Was hierbei erstaunlich ist: Sonst stürzt sich der Autor des Lexikons der biblischen Irrtümer auf jede Übersetzungsschwäche der Bibel, die er finden kann, doch diejenige, der hier vorliegt, wird von ihm ignoriert. Im hebräischen Text steht an der Stelle von Vogel das Wort oph [1]. Dieses bezeichnet fliegende oder flatternde Lebewesen. Hier werden Tiere also nicht nach der Gattung, sondern nach der Fortbewegungsart gruppiert und zur Gruppe der fliegenden Tiere gehört die Fledermaus sicherlich. Das hebräische Wort für Vogel wäre zippor. Doch auch hier gilt zu beachten: Die Bibel nutzt keine biologischen Fachterminini. Von daher dürfte man auch bei der Verwendung von zippor nicht erwarten, dass es Deckungsgleich mit der Bedeutung des Wortes Vogel ist, wie es heutzutage von einem Biologen bzw. Ornithologen verstanden wird.

Als letzte Aussage soll betrachtet werden:

Andere Tiere wiederum, die es auch nicht gibt, werden als erlaubte Speisen genannt: Tiere, die Flügel und vier Füße haben, die auf der Erde hüpfen. (S.150)

Dabei wird auf 3. Mose 11,21 verwiesen. Hierzu nun ebenfalls einige Anmerkungen. Hier wird wieder geschickt zitiert, um die Illusion zu schaffen, der Bibelautor habe sich hier Fabelwesen ausgedacht, denn die Stelle heißt im Zusammenhang:

20 Alle Kleintiere mit Flügeln und vier Füßen seien euch abscheulich. 21 Von diesen Kleintieren mit Flügeln und vier Füßen dürft ihr aber jene essen, die Springbeine haben, um damit auf dem Boden zu hüpfen. 22 Von ihnen dürft ihr die verschiedenen Arten der Wanderheuschrecke, der Solam-, der Hargol- und der Hagab-Heuschrecke essen. (3. Mose 11)

Der Autor hat also durchaus existente Arten vor Augen und nicht irgendwelche Phantasiegeschöpfe. Dass heißt, er hat sie auch schon mal gesehen bzw. ein Bild von ihnen im Kopf. Auch hier wird einem dem Schreiben mächtigen Menschen unterstellt, er sei nicht in der Lage die Beine eines Insektes auszuzählen. Muss man wirklich soweit gehen dem biblischen Autor Dummheit zu unterstellen? Dies ist unnötig. Denn auch hier gilt, was bereits oben geschrieben wurde: Es geht der Bibel nicht um wissenschaftliche Naturbeschreibungen, sondern sie möchte Beobachtungen möglichst bildhaft beschrieben. So auch hier. Die entsprechende Stelle in der Rev. Elberfelder Bibel übersetzt hier wohl etwas anschaulicher:

21 Nur dieses dürft ihr essen von allem geflügelten Kleingetier, das auf vieren geht: was Unterschenkel hat oberhalb seiner Füße, um damit auf der Erde zu hüpfen.

Wie bei den Fledermäusen geht es hier nicht um die Beschreibung von Tiergattungen, sondern um die Beschreibung der Fortbewegungsweise der Tiere. Hierzu sei nur beispielsweise ein Beitrag aus einem Internetforum zitiert [4]:

Es gibt geflügelte Insekten, z. B. die Bienen, Fliegen und Wespen, die mit ihren sechs Beinen genau gleich gehen wie vierbeinige Tiere. Andere Insekten, z. B. die Heuschrecken, sind mit zwei Sprungbeinen ausgestattet und brauchen die anderen vier Beine buchstäblich, um damit zu „gehen“

Auch zu einem Baby sagt man ja, dass es sich auf allen Vieren bewegt ohne, dass es in Wirklichkeit vier Beine hat. Natürlich kann man hier über Formulierungen streiten. Sicher ist aber, dass jeder, der bereits eine Heuschrecke erlebt hat, weiß, wie sie aussieht und dass dieser Abschnitt der Bibel nicht aussagen will, dass Insekten vier Beine besitzen.

Schlussbemerkungen
Auch in diesem Abschnitt des Lexikons der biblischen Irrtümer wird nicht vorurteilsfrei mit der Bibel umgegangen. Es werden aus Mücken Elephanten gemacht und Übersetzungsschwächen ignoriert, um der Bibel so Falschinformationen zu stellen, die aber an diesen Stellen nicht in ihr enthalten sind.

Quellen
[1] http://www.urzeitundendzeit.de/FAQ.html
[2] http://wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=disk/d95/1/d95-1.html
[3] http://www.2jesus.de/bibel-faq/bibel-hase-wiederkaeuer.html
[4] http://it.answers.yahoo.com/question/index?qid=20080312071701AAvBBFF (Beitrag Mel v)

Kriegs- und Schwertbringer Jesus

Einleitung
In einem Kommentar auf meinen letzten Beitrag sprach der Autor vom Vers 10,34 des Matthäusevangeliums:

Mt 10,34 Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.

und sagt dazu:

[Dieser Vers] mag einen gläubigen Christen sicher nicht freuen, das kann ich gut verstehen. Aber davor die Augen zu verschliessen ist nicht die Art, sich den Fragen des Lebens und der Welt zu stellen.

Im folgenden Beitrag soll gezeigt werden, dass man vor diesem Vers nicht die Augen verschließen muss (oder ich es tue) und auch zum anderen, dass dieser Vers nicht bedeutet, dass Jesus ankündigte er würde, vergleichbar Mohammed, zum Schwert greifen und seine Jünger in blutige Schlachten führen.

Jesu bildliches Reden
Eines ist sicher jedem Leser des Neuen Testaments aufgefallen: Jesus erzählt viel in Gleichnissen, so dass nicht alles von dem was er sagt wort-wörtlich zu nehmen ist. Also nur, weil er hier bei Matthäus ein Schwert erwähnt, impliziert das nicht automatisch, dass man sich Jesus nun mit dieser Waffe in der Hand vorzustellen hat. Wichtig ist wie bei jedem anderen Bibelvers, dass man ihn in seinem Kontext betrachtet, was zum Beispiel hier veranschaulicht wurde, denn sonst läuft man stets Gefahr absichtlich oder unabsichtlich Cherry Picking zu betreiben. Zuerst einmal soll festgestellt werden, an wen Jesus seine Worte hier richtet. Er steht hier nicht vor einer riesigen Volksmenge, der er verkündet das Schwert zu bringen, sondern spricht zu den Zwölfen:

Mt. 10,1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich (…) 2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, 3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, 4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat. Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: (…)

Also zu denen, die er Aussenden wird um ihn zu verkündigen. Auch lässt sich im zehnten Kapitel des Evangeliums bereits an den Folgesätzen herauslesen, dass Jesus nicht vorhatte als Kriegsherr aufzutreten:

Mt. 10,34 Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. 35 Denn ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; 36 und die Hausgenossen eines Menschen werden seine Feinde sein. 37 Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig. 38 Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig.

Das Schwert steht hier also nur symbolisch für Zwietracht, Entzweiung, Spaltung. Sicherlich verlangt Jesus hier viel von seinen Aposteln, sehr viel sogar. Er verlangt absoluten Vorrang über alles Weltliche und unbedingte Liebe ihm gegenüber. Eine Liebe, die im Zweifelsfall auch über engste Freunde und Familienmitglieder gestellt werden muss. Sollte also ein Teil einer Familie von Jesu Worten ergriffen sein, ein anderer von ihnen nicht erreicht werden, wird dies zweifelsfrei zu Spannung, Streit und gegebenenfalls zu einer Spaltung innerhalb dieser Familie kommen. Jesus sagt also nicht:

Ich bin nicht gekommen um Frieden zu stiften, sondern Feindschaft und Kriege.

sondern vielmehr:

Mein Kommen bedeutet nicht, dass jetzt sofort überall alles gut wird. Um in mein Reich zu gelangen müsst ihr viel erdulden, so wie ich am Kreuz für euch gelitten habe. Doch eure Belohnung wird groß sein.

Denn im Anschluss an Matthäus 10,34 – 38 gibt er seinen Jüngern auch die große Zusage:

Mt. 10,39 Wer das Leben gewinnen will, wird es verlieren; wer aber das Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.

oder wie er es an anderer Stelle formuliert:

Joh 8,12 Als Jesus ein andermal zu ihnen redete, sagte er: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.

Alle Strapazen der Jünger sollen mit dem Leben bei ihm belohnt werden.

Weitere Bibelstellen
Wie ebenfalls an anderer Stelle besprochen, sollten Bibelverse nicht nur im Kontext des jeweiligen Kapitels/Buches/Evangeliums betrachtet werden, sondern auch im Gesamtzusammenhang der ganzen Bibel. Somit stellt sich die Frage: An welchen anderen Bibelstellen nimmt Jesus noch Bezug auf die Themen Waffen, Krieg, Frieden und wie äußert er sich dort zu ihnen bzw. wie verhält er sich?
Hierzu findet sich ebenfalls im Matthäusevangelium die Aussage Jesu:

Mt 5,9 Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.

Also nicht diejenigen, die zum Schwert greifen, sondern gerade diejenigen die vermeiden, dass irgendjemand zum Schwert greift. Im selben Kapitel bei Matthäus tätigt Jesus eine noch viel weitergreifende Aussage:

Mt 5,44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.

welche sicher nicht weiter kommentiert zu werden braucht. Zu guter Letzt sei noch die Verhaftung von Jesus erwähnt, denn sein Verhalten und seine Reden dort sind ebenfalls eindeutig:

Mt. 26,50 Jesus erwiderte ihm: Freund, dazu bist du gekommen? Da gingen sie auf Jesus zu, ergriffen ihn und nahmen ihn fest. 51 Doch einer von den Begleitern Jesu zog sein Schwert, schlug auf den Diener des Hohenpriesters ein und hieb ihm ein Ohr ab. 52 Da sagte Jesus zu ihm: Steck dein Schwert in die Scheide; denn alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen. 53 Oder glaubst du nicht, mein Vater würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schicken, wenn ich ihn darum bitte?

Auch hier geht es um ein Schwert, allerdings im Vergleich zum 10. Kapitel nicht um ein symbolisches, sondern um ein echtes. Jesus steht kurz vor seiner Verhaftung. Ruft er daher seine Jünger jetzt auf das Schwert zu ziehen und die Gegner zu attackieren? Nein ganz im Gegenteil. Er verurteilt die Nutzung des Schwertes selbst zu seiner Verteidigung. Er wendet sich hier trotz der Situation gegen jede Art von Gewalt. Auch Pilatus gegenüber bestätigt er diese Handlung:

Joh 18,36 Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.

Schlussbemerkung
Der Text in Matthäus 10 ist sicher einer der unbequemeren Texte des Neuen Testamentes. Soweit könnte man dem Autor des Kommentares zustimmen. Allerdings nicht in dem Sinne, wie er oft missbraucht wird um Jesus als einen gewaltbereiten Revoluzzer darzustellen, indem man ihn aus dem Kontext reißt und wörtlich nimmt. Sondern er zeigt wie schwer die Nachfolge Jesu sein kann und fordert die Christen dazu auf diesen Weg trotzdem zu gehen und ihr Kreuz zu tragen. Dies soll aber nicht umsonst sein, denn Jesus verspricht seinen Jüngern das ewige Leben bei ihm und verheißt ihnen, dass sie für all die irdischen Leiden entschädigt werden denn ihr Lohn im Himmel wird groß sein (Lk 6,23).

Das böse Kind Jesu

Die Seite www.bibelkritik.ch wurde schon in einigen Beiträgen erwähnt. Die dortigen Angriffe auf die Bibel zeichnen sich zwar weder durch Sachlichkeit noch durch Nachvollziehbarkeit aus, aber eines muss man ihnen lassen: Die Art der „Kritiken“ ist immer wieder interessant. So finden sich widerlegte alte Argumente, aus dem Zusammenhang gerissene Bibelzitate oder auch einfach gekünstelte Widersprüche. Jetzt habe ich eine ganz neue Variante gefunden: Man zitiert einfach aus irgendwelchen apokryphen Schriften bestimmte Abschnitte, die Jesus in ein schlechtes Licht rücken, um so die Glaubwürdigkeit der eigentlichen Bibel in Frage zu stellen. Auf folgender Seite so geschehen mit dem sogenannten Kindheitsevangelium nach Thomas, in dem man Passagen finden kann wie:

Ein Nachbarsjunge nahm einen Weidenzweig und fegte das sorgfältig angesammelte Wasser wieder aus den Pfützen. „Du Dummkopf“, schrie Jesus. „Was haben dir denn die Teiche getan? Jetzt wirst auch du verdorren!“

oder

Ein paar Tage später, als Jesus durch Nazareth bummelte (4,1-8), rempelte ihn ein Kind an. Jesus wurde wieder wütend. „Du sollst auf deinem Weg nicht weitergehen!“, fauchte er und auch dieser Junge fiel hin und starb.

Also Jesus ein rachsüchtiger, widerwärtiger kleiner Junge, der seine Macht missbraucht um andere Kinder umzubringen? So etwas soll Erlöser der Menschheit und Sohn Gottes sein? Immerhin muss man bibelkritik.ch lassen, dass darauf hingewiesen wird, dass derartige „Informationen“ lediglich einem apokryphen Evangelium entnommen sind. Doch dies soll gleich mit folgender Behauptung relativiert werden:

Der eine oder andere Bibelwissenschaftler ist der Auffassung, es verdiene eine Aufnahme in die Bibel.

Eine Quelle, welche derartige Wissenschaftler nennt, wird nicht aufgeführt. Fakt ist, dass selbst wenn die Aussage zutreffen würde, es sich lediglich um die Meinung einer absoluten Minderheit handelt, die es praktisch in jedem Wissenschaftszweig zu jeder Ansicht gibt. Gegen eine Gleichstellung mit den vier Evangelien des Neuen Testaments sprechen unter anderem folgende Punkte:

  1. Das Entstehungsdatum Ende des zweiten Jahrhunderts liegt gut 100 Jahre nach der Entstehung der biblischen Evangelien.
  2. Es wurde zu keiner Zeit der Kirche als inspirierte Schrift anerkannt. Im Gegenteil: Schon bei einer seiner ersten Erwähnungen überhaupt (Irenäus von Lyon, „Gegen die Häresie“) wird das Werk kritisch betrachtet.
  3. Es widerspricht in seinem Jesusbild den restlichen Schriften des Neuen Testaments, welche früher entstanden sind.
  4. Die Art der Erzählung und der beschriebenen „Wunder“ unterscheiden sich deutlich vom Neuen Testament

Auch ist die Anmerkung

dessen angeblicher Verfasser Thomas ebenfalls den Namen eines Jesus-Jüngers trägt.

fragwürdig, denn dieser „Thomas“ spezifiziert seinen Namen in der Einleitung des Evangeliums genauer:

„So will ich denn, ich Thomas der Israelit, allen den Brüdern aus den Heiden Kunde bringen von den wunderbaren Jugendtaten unseres Herrn Jesus Christus, die er vollbracht hat nach seiner Geburt in unserem Lande. So nahm es seinen Anfang. …“

Jesu Jünger Thomas erhält dagegen niemals den Beinamen der Israelit, so dass diese Erwähnung im Evangelium wohl eher darauf hindeutet, dass sich dessen Autor gerade nicht mit dem biblischen Thomas identifizieren will.

Das Kindheitsevangelium kann also weder dabei helfen etwas Neues über Jesu Person und seine Taten zu erfahren, noch dabei etwas über die Glaubwürdigkeit der Evangelien nach Markus, Matthäus, Lukas und Johannes auszusagen. Es daher wie auf bibelkritik.ch geschehen zu zitieren und manche Stellen im Fettdruck hervorzuheben, um Jesus in einem schlechten Licht stehen zu lassen, ist eine ziemlich billige Variante von Kritik an der Bibel.